Jörg Karaschewski

Die Anfänge kommunaler Flaggen und Wappen in den ehemaligen deutschen Schutzgebieten

Obwohl gerade in den letzten Jahren immer wieder kleinere Veröffentlichungen und Hinweise zu den Wappenentwürfen für die deutschen Schutzgebiete gemacht wurden, liegt ein Aspekt der Flaggenkunde und der Heraldik der Schutzgebiete noch im dunkeln, kommunale Wappen und Flaggen. Das es zumindest einen Ansatz zu diesem Thema gab zeigt der folgende Bericht.

Die Stadt Tanga befindet sich an der Küste des nördlichen Teils des ehemaligen Deutsch-Ostafrikas. Sie hatte rund 12.000 Einwohner als ihr am 1. April 1914 die Stadtrechte verliehen wurden. Die Verleihung der Stadtrechte wurde zum Anlaß genommen, ein Stadtwappen anzunehmen. Der städtische Rat der Stadtgemeinde Tanga erörterte das Thema und beschloß die Annahme des Wappens.

Nachdem am 24. Mai 1914 in der Täglichen Rundschau ein Artikel erschien, in dem das Wappen und seine Annahme beschrieben waren, wurde von einem Verlag eine Anfrage über Fotografien bzw. Druckvorlagen des besagten Wappens an das Reichskolonialamt in Berlin gestellt. Dort zeigte man sich von der Wappenannahme überrascht, konnte aber von einer geplanten Anfrage beim seinerzeitigen Gouverneur des Schutzgebietes Dr. Schnee abstand nehmen als am 7. Juni 1914 seine offizielle Anfrage einging.

Der Anfrage lag eine farbige Zeichnung des folgenden Wappens bei

Die Dhau mit dem auffälligen Segel wurde gewählt, da der Name Tanga sich von dem heimischen Wort für Segel ableiten sollte. Eine der Stadt vorgelagerte kleine Insel trägt ebenfalls den Namen Tanga und hat die Form des gezeigten Segels.

Das Wappen war bevor der Stadtrat seine Annahme beschloß angabegemäß vom Deutschen Herold begutachtet und für gut befunden worden. Neben dem Wappen sollte auch eine Flagge gezeigt werden, sie sollte auf goldenem und schwarzem Grund das Wappen zeigen. Auch an ein Dienstsiegel auf Basis des Wappens war gedacht.

Eine wichtige Frage von grundsätzlicher Bedeutung war, da es sich hier offensichtlich um den ersten Fall dieser Art handelte, die Frage, wer die Annahme von kommunalen Symbolen in den Deutschen Schutzgebieten bestätigen durfte. Im Reichskolonialamt wurde beschlossen, diese Aufgabe bzw. dieses Recht den jeweiligen Gouverneuren zuzubilligen. Es wurde jedoch die Auflage gestellt, daß grundsätzlich das Heroldsamt in Berlin vorab um eine Stellungnahme zum jeweiligen Wappenentwurf zu bitten sei.

Zum vorgelegten Wappen von Tanga gab das Heroldsamt folgende Änderungsempfehlungen:

Die ... Mauerkrone durch die in dem anliegenden Muster (siehe nachfolgende Zeichnung, der Autor) wiedergegebene Mauerkrone zu ersetzen, die von Seiner Majestät dem Kaiser für deutsche Städtewappen entworfen und angeordnet worden ist,

die Flagge der Dhau kleiner zu gestalten,

den Schiffsrumpf eine einheitliche Färbung zu wählen, falls die gewählten Farben nicht eine besondere historische Bedeutung haben.

Ein Hinweis, daß die Farben des Bootes Beim "ungeübten Betrachter" Parallelen zu den französischen Farben bieten könnten, wurde nach anfänglichen Überlegungen nicht aufgenommen.Ein vom Reichskolonialamt erbetener Rücklauf mit der endgültigen, genehmigten Wappenzeichnung ist in den Akten nicht enthalten. Die Kriegsereignisse hatten das Thema kommunaler Wappen und Flaggen überflüssig gemacht bevor es richtig begonnen hatte. Es steht zu vermuten, daß weder Wappen noch Flagge in der Stadt offiziell gezeigt wurden.

Die Akte des Reichskolonialamtes schließt am 22. Juni 1916 mit der Eintragung: "Wiedervorlage aufgrund Verlustes des Schutzgebietes erledigt". Das Aktenmaterial ist einzusehen beim Bundesarchiv, Abteilung Potsdam, Bestand R 1001, Akte Nr. 835.


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