Hoffnungsschimmer für Auftragnehmer? – Neues aus Berlin zur Bauzeitenverschiebung (KG, Urteil vom 27.08.2024, Az. 21 U 128/23). Ein aktueller Beitrag von Dr. Fabian Sindl:
Ansprüche wegen Bauzeitverschiebungen stellen Auftragnehmer vor hohe Hürden: Vertraglich sind sie üblicherweise nur zu ihren Lasten geregelt. Und Schadensersatzansprüche gegen den Auftraggeber scheitern regelmäßig daran, dass die Rechtsprechung dessen Mitwirkungshandlungen lediglich als Obliegenheiten einstuft. Meist fehlt es darüber hinaus am (zurechenbaren) Verschulden des Auftraggebers. Entgangenen Gewinn gibt es nach der VOB/B ohnehin nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B).
Der BGH verweist den Auftragnehmer in solchen Fällen daher auf einen Anspruch nach § 642 BGB und sein entsprechendes Kündigungsrecht (§ 643 BGB). Das ist wegen der Voraussetzungen und der Rechtsfolgen allerdings in doppelter Hinsicht unbefriedigend. Eine Kündigung ist ohnehin riskant und wird daher meist nur die letzte Lösung für den Auftragnehmer sein.
Wie bereits das Brandenburgische OLG (Urteil vom 25.06.2020, Az. 12 U 59/19) präsentiert das KG in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 27.08.2024, Az. 21 U 128/23) nun einen Ausweg aus diesem Dilemma: So soll bereits dann eine „andere Anordnung“ (und damit die Voraussetzung für einen vertraglichen Anspruch im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B) vorliegen, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer darüber informiert, dass eine Leistung erst später als geplant ausgeführt werden kann (z. B. weil sich Vorgewerke verzögern). Dass dadurch Mehrkosten entstehen können, muss für den Auftraggeber allerdings erkennbar sein. Ein Anspruch des klagenden Auftragnehmers vor dem KG scheiterte lediglich daran, dass er die Terminverschiebung und die Mehrkostenhöhe nicht konkret darlegen konnte.
Ob der BGH diese Ansicht teilt, nur weil der Auftraggeber den Auftragnehmer über eine (objektive) Verzögerung informiert, bleibt abzuwarten. Bislang hat er bloße Störungen des Vertrags nämlich gerade nicht als Anordnung angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2017, Az. VII ZR 16/17). Mit der Entscheidung des KG verfügen Auftragnehmer nun aber zumindest über schlagkräftige „Munition“ für außergerichtliche Verhandlungen, die dazu beitragen dürfte, dass sich das Gewicht wieder etwas zu ihren Gunsten verschiebt.
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