B2B-Marketing ist völlig anders. Oder?
Völlig klar: in der Consumerwelt haben sich die Gewichte hin zu den Kunden verschoben. Auf allen Kanälen fordern sie besten Service und günstigste Preise ein -sonst surfen sie blitzschnell zum nächsten Anbieter. Preisvergleichsmaschinen, schnelle Smartphones, Diskussionen auf Social Media und weiteres mehr setzen das Marketing in der Konsumgüterindustrie unter Druck. Aber gilt das auch im Bereich der Investitionsgüter? Fragen an Steffen Stahl, der bei einem B2B-Lieferanten (SAS) das Marketing von analytischen Marketinglösungen verantwortet und damit beiden Seiten kennt.
TK: Steffen, ticken die zwei Welten vollkommen anders? Oder sind es nicht überall die gleichen Entwicklungen?
SS: Beides ist richtig. Das Beziehungsgeflecht im B2B-Geschäft ist vielschichtiger, komplexer und damit tendenziell schwieriger darstellbar, etwa wenn es um die Konzeption von mehrstufigen bzw. mehrere Kanäle umfassende Kundenkontaktszenarien geht. Häufig werden Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen von mehreren (bis vielen) Personen auf beiden Seiten getragen – mit unterschiedlichen Rollen und Funktionen entlang der Entscheidungsprozesse.
Das gilt in besonderem Maße für den Investitionsgüterbereich und die sogenannten „erklärungsbedürftigen Produkte“. Es gibt aber durchaus B2B-Geschäftsmodelle, wie etwa Immobilienportale, deren Zielgruppen vornehmlich Makler sind, sowie Groß- und Versandhändler (bspw. Büroartikel), die strukturell dem B2C-Geschäft ähnlich sind. Letztlich sind Medien-, Kommunikations- und Konsumwandel für alle Menschen als Bürger, Kunden, Konsumenten wahrnehmbar.
Die Erfahrungen daraus nehmen auch B2B-Entscheider in Ihre fachlichen Umgebungen mit. Medien-Einsatz, Marketing-Mix und vor allem die Dynamik der Interaktionen zwischen Anbietern und Abnehmern nehmen indes überall zu. Die Digitalisierung ist kein Phänomen, das zwischen Firmen- und Privatkundengeschäft unterscheidet.
TK: Anders formuliert: können Marketingmanager aus der B2B-Branche sich etwas abschauen, wenn sie sich über die neuesten Trends im Konsumgüterbereich auf dem Laufenden halten?
SS: Durchaus – dabei geht es tendenziell weniger um die Gleichschaltung der Werbemedien, als vielmehr Prozesse, Technologien und Kommunikationsmechanismen. Big Data und Digitalisierung machen das Marketing immer mehr zu einer technischen Disziplin. Hinter jeder Kundenschnittstelle stehen heute anspruchsvolle IT-Systeme, die – intelligent miteinander vernetzt – ein gewaltiges Leistungsversprechen bergen: nämlich Kunden individuell besser denn je zu verstehen. Schneller als je zuvor auf Bedarfssituation reagieren zu können. Millionen von Kundenbeziehungen ökonomisch zu optimieren und zugleich Kundeninteressen zielsicher zu bedienen.
Das alles ist längst machbar, wie viele Anwendungsbeispiele zeigen. Hier achten B2B-Unternehmen sehr genau auf die Erfahrungen aus dem Konsumentenumfeld und adaptieren Technologien und Methoden für ihre Zwecke. Themen wie Lead-Management, Marketing-Automation, Customer-Experience Management sind längst keine reinen B2C-Disziplinen mehr.
TK: Wenn Du an Deine eigene Arbeit denkst: welcher Bereich des B2B-Marketing überrascht Dich momentan am meisten – im Sinne von überraschende Erfolge oder auch großer Enttäuschung?
SS: Vielleicht der Umstand, dass die Durchdringung der für das B2B-Umfeld relevanten sozialen Medien im Geschäftsalltag deutlich schleppender erfolgt, als ich es erwartet hätte. Auffallend ist, dass in anderen, vor allem außereuropäischen Märkten Netzwerke wie LinkedIn oder in Teilen XING und natürlich das Kommunikationsmedium Twitter deutlich selbstverständlicher genutzt werden, als hierzulande.
Ich selbst treffe in meinem Umfeld viele Berufstätige, denen diese Medien noch immer fremd und exotisch erscheinen. Aus Unternehmenssicht sind dies natürlich aufwändige Lernprozesse, nicht nur in der Handhabung der Medien durch den Einzelnen, sondern auch mit ihren vielfältigen Implikationen auf Geschäftsprozesse, Transparenzanforderungen, Leistungskennzahlen usw. Am vielleicht spannendsten erscheint mir aktuell das Thema „Social Selling“. Was für viele spontan nach „Verkaufen über Facebook“ klingt, erweist sich bei genauerem Hinschauen als hochgradig spannender Ansatz, wie das sich durch Social Media sukzessive verändernde Kommunikationsverhalten in glaubwürdiger und nachhaltiger Weise geschäftlich genutzt werden kann.
Einen guten Überblick über aktuelle Trends im Marketing liefert übrigens die jährliche Leitmesse „dmexco“. Zum Einlesen hier ein Studienbericht von SAS und dem Harvard Business Review zum Thema „Was man von den Vorreitern in Sachen Customer Experience Management lernen kann“ .
Alliance Manager at SAS, helping organisations to benefit from AI & Analytics
9 JahreDanke für den Kommentar! Auf der dmexco hat SAS keinen Stand, nein. Eine ganze Reihe von Partnern und besuchsweise auch Kollegen werden allerdings vor Ort sein.
Head of Marketing for Supply Chain Solutions, Panasonic Connect Europe
9 JahreKann ich auch so unterschreiben. Ist SAS in diesem Jahr auch auf der dmexco präsent?