Marktkrise: Der Nikkei bricht ein – Was hinter dem weltweiten Börsensturz steckt ?

Marktkrise: Der Nikkei bricht ein – Was hinter dem weltweiten Börsensturz steckt ?

In den letzten Tagen erlebten die globalen Aktienmärkte eine heftige Korrektur, doch am stärksten betroffen war der japanische Markt. Der Nikkei-Index verzeichnete den größten Tagesverlust seit dem „Schwarzen Montag“ im Jahr 1987. Die wiederkehrenden Marktpaniken zeigen einmal mehr, dass viele Anleger aus früheren Krisen nicht gelernt haben. Übermäßige Gier und die Leichtigkeit, mit der Spekulanten sich verschulden, haben erneut zu einer globalen Finanzkatastrophe geführt. Diese jüngste Erschütterung könnte jedoch besonders gefährlich sein, da sie zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt auftritt und jederzeit außer Kontrolle geraten könnte. Doch was passiert genau an den Finanzmärkten, und wer steckt dahinter? Wie konnte die Weltwirtschaft innerhalb weniger Tage mehr als sechs Billionen Dollar verlieren, und warum zogen so viele Investoren ihre Gelder plötzlich aus den Schwellenländern ab, was die Währungen dieser Länder unter massiven Druck setzte? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion.

Japans Wirtschaftsphänomen: Eine einzigartige Anomalie

Um die jüngsten Entwicklungen besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf den japanischen Markt und dessen Besonderheiten. Japans Wirtschaft zeichnet sich seit dem Platzen der Immobilienblase Anfang der 1990er Jahre durch extrem niedrige Zinssätze aus. In den letzten 25 Jahren bewegten sich die Zinssätze auf oder nahe bei null, teilweise sogar im negativen Bereich, ungeachtet der globalen Wirtschaftsentwicklungen. Während die Zentralbanken weltweit – angeführt von der US-Notenbank – die Zinsen nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges massiv erhöhten, hielt die Bank of Japan (BoJ) an ihrer Niedrigzinspolitik fest. Diese außergewöhnliche Situation ist darauf zurückzuführen, dass Japan seit Jahrzehnten mit einer extrem niedrigen Inflation zu kämpfen hat. Dies führte zu einer wirtschaftlichen „Trauma“ nach der Finanzkrise der 1990er Jahre, die das Land in ein „verlorenes Jahrzehnt“ stürzte. Trotz globaler Turbulenzen bleibt der Zinssatz in Japan nahezu unverändert bei null.

Carry Trades: Eine riskante Wette auf Zinsunterschiede

Ein zentraler Aspekt der aktuellen Krise ist das sogenannte "Currency Trade (FOREX)" - „Carry Trade“-Geschäft. Diese Finanzstrategie, die in den 1980er Jahren populär wurde, beruht auf der Aufnahme von Krediten in einer Niedrigzinswährung – in diesem Fall dem Yen – und der anschließenden Anlage dieser Mittel in Hochzinswährungen wie dem US-Dollar oder dem mexikanischen Peso. Solange die Wechselkurse stabil bleiben, ermöglicht diese Strategie Investoren, den Zinsunterschied als Gewinn einzustreichen. In den letzten zwei Jahren, insbesondere seit die US-Notenbank ihre Zinspolitik verschärft hat, wurde das „Carry Trade“ besonders attraktiv. Viele Investoren nahmen diese Strategie in großem Umfang auf, was sie jedoch einem erheblichen Risiko aussetzte: dem Wechselkursrisiko.

Die Eskalation: Ein Wendepunkt für den Yen und die globalen Märkte

Ende Juli überraschte die Bank of Japan die Märkte mit einer Zinserhöhung auf 0,25 %, was den Yen gegenüber dem Dollar signifikant aufwertete. Gleichzeitig veröffentlichte das US-Arbeitsministerium seinen Arbeitsmarktbericht für Juli, der deutlich schlechter ausfiel als erwartet. Diese beiden Entwicklungen versetzten die Investoren in Panik. Für diejenigen, die in „Carry Trades“ engagiert waren, bedeuteten diese Ereignisse eine Katastrophe. Während der Yen aufwertete, drohten ihre Positionen zu großen Verlusten zu führen. Um diese Verluste zu minimieren, begannen viele Investoren, ihre „Carry Trades“ schnell abzuwickeln, was einen massiven Verkaufsdruck auf Hochzinswährungen und globale Aktienmärkte auslöste.

Der Nikkei-Absturz: Panik und Dominoeffekt

Am Montag, dem 5. August 2024, kam es zu einem beispiellosen Ausverkauf an den globalen Börsen, wobei der japanische Nikkei-Index den schwersten Verlust verzeichnete. Die Panikverkäufe wurden durch mehrere Faktoren verstärkt: Einerseits durch den unmittelbaren Verkaufsdruck von Investoren, die ihre „Carry Trades“ schließen mussten, um Verluste zu begrenzen, und andererseits durch den negativen Ausblick für exportorientierte japanische Unternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit durch den steigenden Yen geschwächt wurde.

Ausblick: Was kommt als Nächstes?

Die aktuelle Krise zeigt einmal mehr die Gefahren übermäßiger Spekulation und den potenziellen Dominoeffekt, den eine unerwartete Zinsentscheidung auslösen kann. Während die Weltwirtschaft noch mit den Nachwirkungen der jüngsten Turbulenzen kämpft, bleibt abzuwarten, ob die Zentralbanken und die Märkte in der Lage sein werden, diese Krise zu bewältigen, ohne in eine tiefere Rezession abzugleiten. Klar ist jedoch, dass die jüngsten Ereignisse einmal mehr die Volatilität und Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten unterstreichen.

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