Practice Insights with Anna Berti Suman
(Deutsche Zusammenfassung siehe unten)
‘’The beauty of contesting boundaries: A lawyer engaging with research and activism’’
-Anna Berti Suman
Last week, we held the fifth and last of our Expert Lunches, with the inspiring Anna Berti Suman. Anna is a Marie Skłodowska-Curie fellow at the European Commission Joint Research Center in Ispra, Italy and principal researcher of the ‘’Sensing for Justice’’ (SENSJUS) project. The project aims to explore the potential of civic monitoring as a source of evidence and tool for environmental mediation and litigation.
Speaking about her personal experiences in navigating her law practice, activism and working with affected populations, Anna passionately advocated for community experience and observations to stand at the centre of environmental justice work and research.
Contesting boundaries: The road to evidence gathering
Anna began by inviting us to picture an experience: “You return home from work and you notice something in the little stream of water close by. Something that smells bad and looks bad. It has the colour of something that scares you…” Emotional and sensory engagements with environments are what drives Anna’s passion for her work. Working in various regions across the world, including in her native Italy, she encountered massive and often hidden challenges of oil contamination. Working first as a lawyer and then as a researcher, she took an interest in the coping mechanisms that people adopt to deal with such environmental issues in their daily life. What she found is that gathering evidence is the key to making a change.
A red line: Passion towards the civic sentinels
Connecting the dots of her varied work, Anna then dived into the concept of civic sentinels. The term describes ordinary people that gather evidence of something that is unfolding in front of them and poses a risk to their health and livelihood. Gathering evidence involves watching, but also recording: this can be done by smart phone, a piece of paper, or even just memory. While legally speaking evidence is a neutral term, for civic sentinels there are clear and often urgent reasons to gather this data: it creates a record of their distress, their struggles – such as farmers documenting hidden oil spills on their land.
But this evidence also needs to go somewhere, and this is where practitioners, researchers, science communicators and engagement specialists come into play. They can act as an ‘’echochamber’’ for citizens and help them multiply their voices to bring their evidence to wider attention.
Sensing for justice
Feeling unfulfilled by her role as a traditional lawyer, Anna found inspiration in cases where evidence gathered by civil society actors led to legal cases and policy changes, such as the work of activist Diane Wilson on plastic pollution in Formosa. A key question in these contexts is: what will lead authorities to believe in the evidence presented? The use of trustworthy sensors and accessible visualisation can support the case. But communication of the risks posed to people is equally important. Underlying this work is the feeling that without the involvement of citizens, authorities will often not address the issues. These emotional factors are crucial in environmental justice work.
For this reason, the SENSJUS projects uses not only traditional scientific methods, but also advocacy, education and art. Two and a half years into the project, they now start to see results that would not have been possible otherwise. Anna left us with the call that emotions even within scientific settings can really make the difference in the way we communicate and engage.
Thank you!
This was our last Expert Lunch in this series, and we are so grateful to all our speakers and engaged audiences. We will have more event in the future, so make sure to sign up to our newsletter here: https://www.publicengagement.berlin/register
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**Deutsche Zusammenfassung**
"Die Schönheit, Grenzen anzufechten: Eine Anwältin im Spannungsfeld von Forschung und Aktivismus''
-Anna Berti Suman
Letzte Woche fand der fünfte und letzte unserer Expert Lunches mit der inspirierenden Anna Berti Suman statt. Anna ist Marie-Skłodowska-Curie Fellow am European Commission Joint Research Center in Ispra, Italien, und leitende Forscherin des Projekts "Sensing for Justice" (SENSJUS). Das Projekt zielt darauf ab, das Potenzial der Bürgerbeobachtung als Beweismittel und Werkzeug für Umweltmediation und Greichtsverfahren zu untersuchen.
In ihrem Vortrag sprach Anna über ihre persönlichen Erfahrungen, die sie bei ihrer Arbeit als Anwältin, als Aktivistin und in der Zusammenarbeit mit den betroffenen Gruppen gemacht hat. Sie plädierte leidenschaftlich dafür, die Erfahrungen und Beobachtungen der Bevölkerung in den Mittelpunkt der Arbeit und Forschung im Bereich Umweltgerechtigkeit zu stellen.
Grenzen anfechten: Der Weg zum Sammeln von Beweisen
Anna begann mit der Aufforderung, eine Erfahrung vorzustellen: "Du kommst von der Arbeit nach Hause und bemerkst etwas in dem kleinen Wasserlauf in der Nähe. Etwas, das schlecht riecht und schlecht aussieht. Es hat die Farbe von etwas, das dir Angst macht..." Die emotionale und sensorische Auseinandersetzung mit der Umwelt ist der Grund für Annas Leidenschaft für ihre Arbeit. Bei ihrer Arbeit in verschiedenen Regionen der Welt, darunter auch in ihrer Heimat Italien, wurde sie mit den massiven und oft verborgenen Herausforderungen der Ölverschmutzung konfrontiert. Zunächst als Anwältin und dann als Forscherin tätig, interessierte sie sich für die Bewältigungsmechanismen, mit denen die Menschen in ihrem Alltag mit solchen Umweltproblemen umgehen. Dabei stellte sie fest, dass das Sammeln von Beweisen der Schlüssel zu einer Veränderung ist.
Eine rote Linie: Hin zu den Civic Sentinels
Die Punkte ihrer vielfältigen Arbeit verknüpfte Anna durch das Konzept der Civic Sentinels (zu deutsch ungefähr: Zivilgesellschaftliche Wächter*innen). Der Begriff beschreibt normale Menschen, die Beweise für etwas sammeln, das sich vor ihren Augen abspielt und eine Gefahr für ihre Gesundheit und ihren Lebensunterhalt darstellt. Zum Sammeln von Beweisen gehört nicht nur das Beobachten, sondern auch das Aufzeichnen: Das kann mit dem Smartphone, einem Blatt Papier oder sogar aus dem Gedächtnis geschehen. Während Beweise rechtlich gesehen ein neutraler Begriff sind, gibt es für zivile Wächter*innen klare und oft dringende Gründe, diese Daten zu sammeln: Sie schaffen eine Aufzeichnung ihrer Not, ihrer Kämpfe - wie z.B. Landwirt*innen, die versteckte Ölverschmutzungen auf ihrem Land dokumentieren.
Aber diese Beweise müssen auch irgendwo hingehen, und hier kommen Praktiker*innen, Forschende, Wissenschaftskommunikator*innen und Engagement-Spezialist*innen ins Spiel. Sie können als "Echokammer" für die Bürgerinnen und Bürger fungieren und ihnen dabei helfen, ihre Stimmen zu vervielfältigen, um ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit und Behörden zugänglich zu machen.
Ein Gespür für Gerechtigkeit
Da sie sich von ihrer Rolle als traditionelle Anwältin nicht erfüllt fühlte, ließ sich Anna von Fällen inspirieren, in denen von zivilgesellschaftlichen Akteuren gesammelte Beweise zu Gerichtsverfahren und politischen Veränderungen führten, wie z. B. die Arbeit der Aktivistin Diane Wilson zur Plastikverschmutzung in Formosa. Eine Schlüsselfrage in diesen Kontexten ist: Was wird die Behörden dazu bringen, den vorgelegten Beweisen Glauben zu schenken? Der Einsatz vertrauenswürdiger Sensoren und zugänglicher Visualisierungen kann die Argumentation unterstützen. Genauso wichtig ist es aber auch, die Risiken zu verdeutlichen, denen die Menschen ausgesetzt sind. Hinter dieser Arbeit steht das Gefühl, dass die Behörden ohne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger die Probleme oft nicht angehen werden. Diese emotionalen Faktoren sind bei der Arbeit für Umweltgerechtigkeit von entscheidender Bedeutung.
Aus diesem Grund setzt das SENSJUS-Projekt nicht nur traditionelle wissenschaftliche Methoden ein, sondern auch Lobbyarbeit, Bildung und Kunst. Nach zweieinhalb Jahren Projektlaufzeit sehen sie jetzt erste Ergebnisse, die sonst nicht möglich gewesen wären. Anna hat uns mit dem Aufruf verlassen, dass Emotionen auch in einem wissenschaftlichen Umfeld einen fundamentalen Unterschied dafür machen, wie wir kommunizieren und uns engagieren.
Vielen Dank!
Dies war unser letzter Expert Lunch in dieser Reihe, und wir sind all unseren Rednern und engagierten Zuhörern sehr dankbar. Wir werden in Zukunft weitere Veranstaltungen anbieten, alle Infos dazu findest du in unserem Newsletter, für den du dich hier anmelden kannst: https://www.publicengagement.berlin/register