Ausbeutung von Personal : Vier Mitglieder der reichsten Familie Großbritanniens zu Haftstrafen verurteilt

Die britisch-indische Hinduja-Familie soll den Hausangestellten auf ihrem Schweizer Anwesen Hungerlöhne gezahlt und Reisepässe eingezogen haben. Ein Gericht hat deswegen nun mehrjährige Haftstrafen verhängt.
Wegen der Ausbeutung ihres Dienstpersonals sind vier Mitglieder der reichsten Familie Großbritanniens von einem Schweizer Gericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter der zuständigen Strafkammer in Genf sprach die Mitglieder der britisch-indischen Hinduja-Familie am Freitag in Abwesenheit schuldig. Die Familie verfügt über ein geschätztes Vermögen von umgerechnet rund 44 Milliarden Euro.
Der 78 Jahre alte Familienvater Prakash Hinduja und seine 75-jährige Frau Kamal wurden zu jeweils vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, ihr Sohn Ajay und dessen Frau Namrata zu jeweils vier Jahren.
Der Schuldspruch lautete auf gewerbsmäßigen Wucher. Die Familie soll den in Indien rekrutierten Hausangestellten für ihr Anwesen in Cologny bei Genf Hungerlöhne von 220 bis 400 Franken (230 bis 418 Euro) monatlich gezahlt haben. Nach Angaben des Staatsanwaltes bekamen sie weniger als umgerechnet einen Euro Stundenlohn. Zudem sollen die Hindujas bei der Ankunft die Reisepässe der Angestellten eingezogen haben. Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben. Nach Ansicht der Richter nutzte die Familie deren Lage aus. Vom Vorwurf des Menschenhandels wurden die vier Angeklagten indes freigesprochen.
„Mehr für einen Hund ausgegeben als für einen ihrer Angestellten“
Staatsanwalt Yves Bertossa hatte der Familie vorgeworfen, „mehr für einen Hund ausgegeben“ zu haben „als für einen ihrer Angestellten“. Nach dem Schuldspruch forderte er die Verhaftung der Verurteilten. Die Verteidiger argumentierten dagegen, es bestehe keine Fluchtgefahr. Dabei verwiesen sie auf den schlechten Gesundheitszustand der 75-jährigen Kamal Hinduja, die sich in einer Klinik im Fürstentum Monaco befindet. Die drei weiteren Verurteilten, ihr Mann Prakash, Sohn Ajay und Schwiegertochter Namrata, seien bei ihr.
Die Familie hatte sich mit den Angestellten inzwischen außergerichtlich geeinigt, wie vergangene Woche bekannt wurde. Das Verfahren ging dennoch weiter, weil der Wuchervorwurf unabhängig von den Klagenden weiterverfolgt wurde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Verurteilten können Berufung einlegen. Sie waren zur Urteilsverkündung nicht im Gericht. Ihre Anwälte hatten die Vorwürfe bestritten. Sie kündigten nach dem Urteil an, Berufung einzulegen.