Elevator Boys: Mehr als die schönen Jungs auf Tiktok

Elevator Boys High Five MINA MARSCHALL, ANNA VOLLMER, LOUISA ZEISNER, CARLOTTA ROCH, ELENA WITZECK (Texte), HANNES JUNG (Fotos) 16. Juli 2024 · Die Elevator Boys machen jetzt auch Musik. Wir treffen die fünf Tiktok-Stars – und erleben fünf junge Männer, die reifer geworden sind und nicht mehr nur Influencer bleiben wollen. Sie lipsyncen, tanzen und filmen sich dabei: Mit ihren Videos sind die Elevator Boys berühmt geworden. 2,5 Millionen folgen ihnen allein auf Tiktok. Eine Fahrstuhltür öffnet sich, und mehrere gutaussehende Männer blicken in die Kamera, einer von ihnen lacht. Die Szene dauert gerade einmal zehn Sekunden, doch sie wird die Elevator Boys im August 2021 weltberühmt machen. Das Video geht innerhalb kürzester Zeit auf Tiktok viral. Fortan sind sie die schönen Jungs aus dem Internet. Doch schon bald wollen sie mehr sein als das. Bislang ging der Content der Elevator Boys in etwa so: In kurzen Clips flirten sie mit der Kamera. Sie lipsyncen, tanzen, sind manchmal angezogen, manchmal halb ausgezogen. Manchmal im Fahrstuhl, oft aber auch woanders. Damit sind sie extrem erfolgreich: 2,5 Millionen Nutzer folgen ihnen allein auf Tiktok. Die Plattform hat die fünfköpfige Gruppe mit ihrer Reichweite zu Stars gemacht – auch in der analogen Welt. Sie sind Markenbotschafter, Models, werden zu Fernsehsendungen wie „Late Night Berlin“ oder als Juroren zu „Germany’s Next Topmodel“ eingeladen. Für ihre Videos fahren sie mittlerweile im Aufzug mit Größen wie Heidi Klum, Brad Pitt und Will Smith nach ganz oben. Bene, Jacob, Tim, Julien und Luis (von links) haben drei Jahre lang in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Jetzt trennen sie sich zwar räumlich voneinander – doch rücken als Boyband enger zusammen. Der Aufzug, der in die Wohnung der Tiktok-Stars führt, ist klein. Im fünften Stock öffnet sich die Tür zu einer Maisonette-Wohnung, der Elevator Mansion. Hier haben die fünf jungen Männer die vergangenen drei Jahre gemeinsam mit ihrem Kameramann Jojo gewohnt. Jetzt ziehen sie aus, in drei verschiedene WGs. Sie sehen sich ja ohnehin die ganze Zeit. Ob es eine letzte Party geben wird, sei noch nicht sicher, sagt Julien. Die bisherigen Partys seien aber nicht so wild gewesen. Dabei hätten die Elevator Boys viel zu feiern gehabt, etwa ihre Anfänge als Boyband. Im November 2022, so erzählen sie es, trafen die Elevator Boys eine Entscheidung: Sie wollten nicht mehr nur wie eine Boyband aussehen, sie wollten eine Boyband sein. Längere Projekte als sekundenkurze Videos, mehr Tiefe. Also gingen sie in ein Tonstudio und schrieben in drei Tagen drei Lieder. Sie nehmen Gesangsunterricht, wollen die Kunst der Musik wirklich erlernen, wie Luis sagt. An den Liedern arbeiten sie immer selbst mit. Zwar bekommen sie Unterstützung von Produzenten und Liedermachern. Vorgefertigte Lyrics oder Beats gebe es aber nicht. Jeder steuere seine Gedanken und Gefühle bei. Die Elevator Boys verbindet viel mit den klassischen Boybands der Neunziger und Zweitausender. Ihre Musik ist poppig, der Style lässig, die Posen bei Fotoshootings sitzen. Den Zeigefinger auf die Kamera richten – die Poster der Elevator Boys in der „Bravo“ dürften sich kaum von jenen der Backstreet Boys unterscheiden. Doch auf einen Unterschied legen sie besonders wert: Sie sind nicht gecastet. Sie sind Freunde. „Wir arbeiten fast schon Tag und Nacht.“ LUIS FREITAG Ob das von Anfang an so war, oder ob sie zunächst einmal attraktive Geschäftspartner für Tiktok waren, ist schwer zu sagen. Wenn man sie fragt, warum sie so erfolgreich sind, antworten sie selbst: „Cheerleader-Effekt“. Er besagt, dass Menschen in Gruppen besonders attraktiv wirken. Dieses Erfolgsrezept ist kein Geheimnis. Attraktivität und Erfolg gehen Hand in Hand. Jeder der Elevator Boys profitiert von den Vorzügen seiner Schönheit, besonders auf Plattformen, auf denen das Visuelle im Vordergrund steht. Doch darauf kann sich auch der Schönste nicht ausruhen. Hinter ihrem Erfolg steht vor allem Arbeit: „Wir arbeiten fast schon Tag und Nacht“, sagt Luis. Sie hätten viel zurückgesteckt, seien aus ihren fünf Leben herausgerückt, um den Fokus auf die Gruppe zu legen. Dafür sind sie gemeinsam nach Berlin gezogen. Aus vier Wochen in einem Airbnb wurden drei Jahre in der gemeinsamen WG. „Seit dem Zeitpunkt waren wir immer zusammen“, sagt Bene. Ihr Debüt als Boyband feierten sie im Juni 2023. Vor 80.000 Zuschauern traten die Elevator Boys mit ihrer ersten Single „Runaway“ auf. Und zwar im Londoner Wembley-Stadion beim Capital’s Summertime Ball, einem Festival, bei dem auch Ellie Goulding, Kylie Minogue und Calvin Harris auftraten. Zuletzt veröffentlichten sie ihre vierte Single, „Insecure“. Ihre erste EP, „Scared to love“, erscheint am 19. Juli. Auszeichnungen im Wandregal „Als Influencer hat man immer so einen gewissen Ruf.“ BENE SCHULZ Trotzdem sind sie weiter vor allem für ihre Tiktok-Videos bekannt. „Als Influencer hat man immer so einen gewissen Ruf“, sagt Bene. Doch während die fünf jungen Männer auf ihrer Couch von ihren Projekten erzählen, lassen sie keinen Zweifel an ihren Absichten. Sie wollen nicht einfach nur Influencer sein, die nebenbei Musik machen. Sie wollen mit ihrer Popmusik einem künstlerischen Standard gerecht werden. In fünf Jahren wollen sie live auf der Bühne stehen, überall auf der Welt. Mina Marschall @faz Mehr zu den #elevatorboys ab Samstag im FAZ Magazin ☺️✨ @Elevatorboys @Tim Schaecker @jacob rott @Bene @julien brown @LUIS FREITAG ♬ Originalton - Frankfurter Allgemeine Luis Freitag Anfangs war Luis Freitag kein großer Tiktok-Fan. Schon mit 13 Jahren postete er Fotos und Videos in den sozialen Medien, auf Youtube und Instagram, doch Tiktok fand er „voll unangenehm, voll cringe“. Er folgte Leuten auf Youtube, die „'ne coole Meinung hatten oder extrem viel Wissen über ein bestimmtes Thema oder extrem gut waren in irgendwas“. Tiktok kam ihm oberflächlich vor. Ging es bei Youtube um den persönlichen Charakter, war auf Tiktok oft nicht einmal die eigene Stimme zu hören. So zumindest dachte er. Bis eines Tages sein bester Freund Tim zu ihm sagte: Du würdest es lieben. Ihn nach seinem Auslandsjahr in Australien vom Flughafen abholte und überzeugte. Noch am gleichen Tag drehten sie ihr erstes Video. Tiktok, sagt Luis, könne man unterschiedlich nutzen, auch seine Persönlichkeit zeigen. Und: damit eine ganz andere Zielgruppe erreichen. Also ging es los. Luis Freitag Wenige Monate nach dem ersten Video trafen Tim und Luis bei einem Content-Creator-Treffen auf Jacob und Bene – die Elevator Boys waren geboren. Die Jungs hätten damals kein klares Ziel gehabt, sagt Luis, schon gar nicht, eine Boyband zu werden. „Aber irgendwie haben wir gespürt, dass da ein Potential ist, wenn wir jetzt richtig Vollgas geben.“ Ein Potential, das er nutzen wollte. Seinen Plan, an der Akademie Mode & Design in Berlin, wo er schon eingeschrieben war, Mode zu studieren, legte er auf Eis, um sich ganz auf die Gruppe zu konzentrieren. Luis wuchs in Königstein auf, einem beschaulichen Ort im Taunus. Versteht seine Familie, was er da macht, als Internetstar? Tut sie. Sogar seine Oma, sagt Luis, habe Tiktok und Instagram, poste zwar nichts, aber verfolge alles, was der Enkel so treibe. Schon als Kind und Jugendlicher, sagt Luis, habe er zwei Leidenschaften gehabt: Musik und Mode. Als Dreizehnjähriger wollte er zu „The Voice Kids“, traute sich dann aber doch nicht. Er sei „der Techniknerd“ der Gruppe, in der Arbeitsteilung der Band der „Head of Music“. In seiner Freizeit hört er Indie, Klassik und manchmal Hip-Hop. Würde er allein Musik machen – was nicht geplant ist –, dann käme dabei wohl „eine Mischung aus Arctic Monkeys und Kid Laroi“ heraus. So viel also zur Musik. Und die Mode? Inzwischen wird er auf die Fashion Week eingeladen, trug dort sogar einen selbst entworfenen Anzug. Dank Tiktok wurden Jugendträume wahr. Natürlich kann der Erfolg anstrengend sein. Am Anfang sei ihm das nicht so aufgefallen, weil dieses Leben ja sehr lustig sei. Doch jetzt, nach ein paar Jahren Zusammenleben, sei ihm klar geworden, dass man „dauerhaft auf Sendung“ sei. Das mache etwas mit einem. Und so haben sie die Elevator Mansion verlassen, um etwas mehr Privatsphäre zu haben, um ein bisschen runterzukommen. Und sich, wie Luis, nicht mehr über das dreckige Geschirr aufregen zu müssen. Seine neue Wohnung sei nun „sehr clean“. Wenn er etwas vermisse, sagt Luis, dann „ein bisschen mehr Freizeit, ein bisschen mehr Sonne“. Das Handy weglegen, mit Freunden essen gehen, Sportarten ausprobieren. Trainieren tut er natürlich. Dabei läge er nach einem langen Tag im Studio eigentlich lieber auf der Couch. Womit wir bei einem weiteren Vorurteil gegenüber Tiktok wären: dass das, was leicht aussieht, auch leicht gemacht ist. Luis hat seine Leidenschaften zum Beruf gemacht. Das ist erfüllend – und trotzdem ganz schön viel Arbeit. Anna Vollmer Tim Schäcker In Eschborn bei Frankfurt verbringt Tim Schäcker seine Kindheit. Alles, was ihm wichtig wird, ist um die Ecke und leicht zu erreichen, auf gleich mehrere Weisen. Sport ist sein Ding – von Kung Fu bis Golf probiert er sich aus und landet bei Fußball und Tennis. Was sich bis dahin im engsten Umkreis abgespielt hat, tauscht er mit 15 gegen ein halbes Jahr Schule in Australien ein. Nach dem Abitur macht er acht Monate „Work and Travel“ und beginnt sein BWL-Studium an der Universität Mannheim. Seine Kommilitonen wollen Karriere als Investmentbanker und Unternehmensberater machen. Das kennt Tim aus seinem Elternhaus. Doch für ihn ist klar: „Genau das will ich nicht machen.“ Dann kommt Corona, und das gewohnte Studentenleben findet mit dem vierten Semester ein abruptes Ende. Ein Freund aus Tims Fußballmannschaft erzählt ihm von einer neuen App mit lustigen Videokonzepten – Tiktok. Tim meldet sich an. Zu dem Zeitpunkt hat er schon eine kleine Reichweite auf Instagram. Auch wenn die ersten Videos „just for fun“ sind, sieht er eine Chance, dass daraus etwas Größeres werden kann. „Und die fand ich irgendwie so cool am Horizont, dass ich mich auf den Weg gemacht habe“, erzählt er. Auch seine Mutter glaubt an den Erfolg, während sein Vater die Plattform anfangs eher als Hobby sieht. Das ändert sich, sobald die Videos Geld einbringen und erste Firmen gegründet werden. Jetzt bietet er seine Hilfe an, unterstützt auch bei Verträgen. Tim Schäcker Schon das sechste Video erzielt mehr als eine Million Aufrufe. Von da an geht alles ganz schnell: Tim produziert jeden Tag Videos und zieht nach Abschluss seines Studiums in die Sechser-WG in Berlin. Jeder spiele hier in seinem eigenen Verein, aber zusammen seien sie wie die Nationalmannschaft. Auch bei den Elevator Boys gibt es Taktiken und Strategien. Tim wäre gerne der „Smart Gentleman" – nicht nur weil er BWL studiert, sondern auch eine Social-Media-Plattform gegründet hat, die Menschen zusammenbringen soll. Ein bisschen passt das schon zu ihm: Er ist ambitioniert, höflich und bedacht in seiner Wortwahl – und doch zeigt sich, dass er in diese Rolle noch hineinwächst. Als Teil der Elevator-Mannschaft muss er immer am Ball bleiben. So ganz einfach ist das nicht: „Man steht den ganzen Tag, 24/7, 365 Tage im Jahr, wie auf einem Laufband und kann eigentlich nur schwer runter.“ Vor einem Monat war er nach Wochen voller Dauerstress in Frankfurt, konnte einen Tag verlängern – und schlief den ganzen Tag. „Davor hatte ich echt das Gefühl, dass ich so langsam wie so zwei von zehn Burnouts hatte.“ Richtig Pause machen – das geht nur in der Heimat. Der Kontakt zu seinen Kindheitsfreunden ist ihm wichtig. Ein bisschen Bodenkontakt auf dem Bolzplatz, fernab von der Celebrity-Bubble. Doch immer höhere Ziele bedeuten auch immer weniger Zeit. Einen „I made it“-Moment hatte er trotz 8,7 Millionen Tiktok-Followern bisher noch nicht. Der „Smart Gentleman“ sieht das Potential der Gruppe und schaut dabei weniger auf seine mentalen und körperlichen Grenzen. Auch dass er fast keine Zeit für ein Privatleben hat, ist Teil seiner Kosten-Nutzen-Rechnung. Als Nächstes will er als Mitglied der Elevator-Boyband erfolgreich werden. Schon als Kind hat er Schlagzeug gespielt und war in der Musikklasse. Durch die Lieder kann er sich kreativ ausleben. Mit Blick auf die Zukunft kommt er immer wieder auf die Gruppe zu sprechen. Neben Musik, Unternehmertum und Start-ups hofft er auf eine Tour und eine Schauspielkarriere. Das Wichtigste sei jedoch, dass sich die Jungs weiter so gut verstehen. Außer der „Hustler“-Mentalität hat er eben auch die „loving-caring“-Seite seiner Eltern geerbt. Louisa Zeisner Bene Schulz Manchmal vergleicht Bene Schulz sich mit anderen Influencern. Dann ist er immer wieder unsicher. „Vielleicht sogar noch öfter als in meinem früheren Leben.“ Lange habe es ihn gar nicht gejuckt, wie er aussieht. Erst seitdem er weiß, dass er „im Auge der Gesellschaft“ gut aussehe, sei der Druck entstanden. Natürlich sei das auch „ein krasses Privileg“, er will sich also nicht beschweren. Doch er wirkt nachdenklich, wenn er über die Branche redet, sieht die Vorteile seines ehemaligen Dorflebens. In dieser schrillen und oberflächlichen Welt brauche man Erdung, sagt er. In seiner Heimat interessiere sich niemand für Tiktok, und das sei gut so. Mit Tiktok hat alles angefangen. Als Bene 2020 damit begann, Videos auf die Plattform zu laden, folgten ihm nach drei Wochen schon 600.000 Nutzer. Heute sind es zehn Millionen. Am Anfang spielte er in den Videos vor allem mit seinem Aussehen. Zeigte seine Locken – und seinen nackten Oberkörper. Sein Umfeld habe erst einmal nicht verstanden, was er da tue. Bene hatte gerade sein Abitur gemacht und arbeitete als Postbote in einer Kleinstadt nahe Frankfurt. Als sein erstes Video viral ging, fragte er seinen Vater um Erlaubnis, bei der Post zu kündigen. Sein Vater stimmte zu. Doch er habe lange gehofft, dass sein Sohn doch noch mit dem Studium beginne. Bene Schulz Stattdessen lernte Bene den Rest der Elevator Boys kennen und zog mit ihnen nach Berlin. Vom hessischen Dorf in die Hauptstadt. Das sei überfordernd gewesen. Bene ist mit seinen 24 Jahren der Jüngste der Gruppe. Er beschreibt sich als introvertiert, braucht feste Routinen, Zeit für sich. Dazu passt sein Musikgeschmack: Bene bevorzugt ruhige Musik, hört etwa Cigarettes After Sex, eine Indie-Rockband mit melancholisch verträumtem Sound, alles andere als poppig und damit anders als die Musik der Elevator Boys. „Ich versuche immer, dass unsere Musik ein bisschen experimenteller wird“, sagt Bene. Am Ende passe Popmusik aber einfach am besten zu einer Boyband. Der Tiktok-Star erzählt, er habe schon als Kind den ganzen Tag „rumgeträllert“, sei morgens nach dem Aufstehen direkt ins Wohnzimmer gegangen und habe laut gesungen. Erst letztens habe seine Schwester ihm gesagt, wie nervig das für sie gewesen sei. Damals konnte sie noch nicht ahnen, dass ihr Bruder einmal Mitglied einer Boyband würde. Dabei wollte er als Kind eigentlich Schauspieler werden. Diesen Traum verfolgt er jetzt neben der Musik. 2023 spielte er eine kleine Rolle im „Tatort“. Im Sommer komme auch noch „ein krasses Projekt“. Die Musik mit den Elevator Boys bleibe aber sein Fokus. Bene ist auch außerhalb der Elevator Boys erfolgreich. Er arbeitet mit Marken wie Dior und Mercedes-Benz zusammen. In der vergangenen Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ trat er als Gastjuror auf, und er ist Markenbotschafter für NYX – das erste männliche Gesicht der Kosmetikfirma. Damit möchte er ein Vorreiter sein. Er sei zwar der „Hetero-Typ“ vom Dorf, aber wenn er Make-up trage, dann trauten sich das ein paar andere Jungs vielleicht auch. Gleichzeitig bekommt er für diese androgyne Seite Hass ab. „Aber das sind dann meistens einfach Jungs, die super unsicher sind mit ihrer Männlichkeit. Die denken, sie müssen irgendetwas kompensieren und hart sein.“ Benes Videos auf Tiktok haben sich verändert. Nicht alles, was er früher gemacht hat, nimmt er noch ernst. In einem Video mit Youtuberin Kayla Shyx machen die beiden sich über seinen früheren Content und das dort vermittelte Frauenbild lustig. Heute redet Bene über toxische Männlichkeit. Sein nackter Oberkörper ist auf der Plattform nur noch selten zu sehen. Mina Marschall Jacob Rott Eigentlich ist es Jacob Rott zu verdanken, dass die Elevator Boys durchgestartet sind. Denn das erste Fahrstuhlvideo, damals, als es die Elevator Boys in ihrer Fünfer-Konstellation noch gar nicht gab – das ging auf seinem Tiktok-Konto viral. Der Rest ist Geschichte. Videos mit Brad Pitt oder Will Smith, Besuche auf der Fashion Week in Mailand oder bei den Filmfestspielen in Cannes – "jeden Tag passieren die verrücktesten Sachen“, erzählt er auf der Terrasse der Elevator Mansion. Aufgewachsen ist der Vierundzwanzigjährige ganz bodenständig. In einem „kleinen Dorf mit gefühlt 500 Einwohnern" – Florstadt-Stammheim in der Wetterau. Sein Vater hatte jahrelang einen eigenen Friseursalon, seine Mutter war früher Flugplanerin. Aber schon im Kinderzimmer wusste Jacob: „Irgendwann passiert mit mir irgendwas.“ So war es dann auch. Jakob Rott Während seines BWL-Studiums in Frankfurt fing er mit dem Modeln an. Ausgerechnet Corona spielte ihm in die Karten. Denn als die Pandemie ausbrach und Castings nur noch online stattfanden, loggte er sich bei Tiktok ein, „um in der Interaktion mit der Kamera für Castings besser zu werden“. Und Jacob auf Tiktok, „das hat ganz gut funktioniert“. Schief angeguckt wurde er dafür von Familie und Freunden. Die konnten nämlich erst einmal gar nichts damit anfangen, was er da so im Netz veranstaltet. Aber mit wachsendem Erfolg wuchs auch das Verständnis. Jacob und seine Videos, das war dann doch irgendwie eine größere Geschichte. Eine größere Geschichte sind auch Jacob und Mode. In den vergangenen Jahren hat er mit Prada, Gucci, Valentino und Etro zusammengearbeitet, war Teil einer globalen Ralph-Lauren-Kampagne, lief für Versace auf der Mailänder Modewoche und war auf den Covern von „GQ“ und „Esquire“. Für Beziehungen ist da keine Zeit, Jacob ist „mit der Arbeit verheiratet“. Braucht er Ausgleich, schnürt er seine Fußballschuhe. Er spielt, seitdem er denken kann. „Da kann ich für 90 Minuten komplett abschalten.“ Kein Handy in der Hand, kein Nachdenken über etwas anderes. Er ist übrigens „sehr, sehr großer Eintracht-Fan“. Auch Musik ist für ihn ein Weg, seinem verrückten Alltag zu entfliehen. Gesungen habe er schon immer gerne. „Ich bin leidenschaftlicher Sänger unter der Dusche.“ Sein Go-to-Song? Das Duett „Breaking Free“ aus „High School Musical“. Dass er dabei beide Stimmen singt, versteht sich von selbst. „Man muss ja seine Stimme trainieren.“ Schließlich liegt der Fokus der Boys nun auf der Musik. Die Kombination aus Kurzvideos, Mode und Musik hat Jacob eine beeindruckende Social-Media-Reichweite eingebracht. 11,4 Millionen Follower sind es allein bei Tiktok, dazu kommen 1,8 Millionen auf Instagram, das ist die größte Reichweite unter den fünf Elevator Boys. Diese Reichweite nutzt er auch, um auf die Schattenseiten des Erfolgs hinzuweisen. Er spricht offen über seine Gefühle und teilt neben unterhaltsamen Fünfzehnsekündern auch einmal nachdenkliche Postings, in denen er reflektiert, was er erlebt und wie das auf ihn wirkt. „In dieser Welt ist nicht alles perfekt. Wir haben auch mit Sachen zu kämpfen.“ Umso wichtiger ist es, die Verbindung in die Heimat zu erhalten. Wenn er zurück zu seinen Jungs ins Dorf kommt, ist er eben nur der Jacob. „Dann ist es wieder so wie vor fünf Jahren: Wir chillen auf der Couch und gucken zusammen ‚Two and a Half Men‘.“ Carlotta Roch Julien Brown Julien Brown, das ist der Exot unter den Boys: in Schwabach bei Nürnberg aufgewachsen, nicht etwa im Umkreis von Frankfurt. Wie geht das, ein Franke unter Hessen? Sind die Elevator Boys nicht alles alte Freunde? Gibt es überhaupt echte Tiktok-Freunde? Na sicher. Und: Wen kümmert schon ein Bundesland! Sie waren alle mit Anfang 20 auf Followerfang, waren schön und jung, kannten sich „aus der Szene“ und konnten einen kleinen Zuverdienst gut gebrauchen. Einmal wurde Julien von Tim zum Geburtstag eingeladen. Einmal gab es ein Treffen bei einem „Content-Drehtag“. Beim ersten Elevator-Video war Julien also nicht dabei, aber wenig später wollten die anderen mit ihm in den Urlaub fahren. Beziehungsweise: in einen „Content-Urlaub“. Dann kam die WG in Berlin, kam das gemeinsame Arbeiten. Zu seinen Eltern hat er damals gesagt: „Ich bin kurz in Berlin, mache ein paar Videos mit meinen Freunden, so lustige, dann komme ich wieder.“ Julien mag Berlin. Berlin ist erträglich, weil es hier so viele Influencer gibt. Man wird gesehen, ja. Aber nicht angequatscht. Hat seine Ruhe. In kleinen Städten, sagt Julien, da ist das anders. Julien Brown So, so. Julien ist also keine Rampensau. Zwei Brüder hat er, jünger sind die. Eine Mutter, die „nicht unbedingt“ auf Tiktok zu sehen sein will. Und einen Vater, der ist Ingenieur. Wenn er im Fernsehen zu sehen ist, filmen sie es und stellen den Film dann in die Familienchatgruppe. Julien findet das süß. Wäre er nicht zum Elevator Boy geworden, er hätte wahrscheinlich schon seinen Uni-Abschluss, wer weiß, vielleicht wäre er auch schon Ingenieur. Stattdessen ist er im zwölften Semester Wirtschaftsingenieurwesen eingeschrieben, ohne zu studieren. Geht einfach nicht beides zusammen. Und trotzdem: Aufgeben will er noch nicht. Es ist ja nicht sicher, dass er immer so weitermachen kann. Was wäre zum Beispiel, wenn ein Tiktok-Verbot käme? Aber: „Man findet immer etwas, was einem Spaß macht.“ Das ist auch Julien: Nicht sehr groß ist er und nicht sehr laut. Versonnener Blick, nachdenklich, könnte man sagen. Sitzt auf einem Stuhl, während die anderen auf dem Sofa lümmeln. Bleibt ernst. Haben die anderen nicht gerade behauptet, er sei der Spaßvogel unter ihnen? Wohnt jetzt mit Bene in einer WG, tritt auf Tiktok aber meistens mit seiner Freundin auf. Vorbilder? Das dauert jetzt lange. „So ein Idol“ habe er nicht. Er habe früher Hockey gespielt und trainiere auch jetzt sehr viel – "ein guter Ausgleich für die Psyche und zum Stressrauslassen“. Dann fällt ihm doch noch jemand ein: Justin Bieber. „Er postet ja offen auch Sachen über mentale Gesundheit.“ Das gefalle ihm. „Viele sagen, sie wären gerne er. Ich nicht.“ Dafür sei er ihm schon zu berühmt. „Ich finde es einfach cool, was er macht.“ Auch das ist Julien: Er hat mal Klavier gespielt, aber in der Schule Musik abgewählt und lieber Kunst genommen. Das Singen vor der Klasse hat ihm keinen Spaß gemacht. Das ärgert ihn jetzt noch: Beim Singen gehe es ja nicht nur ums Töne treffen, sondern „um Räume, Technik, Intention, Aussprache“. Bloß habe ihm das damals niemand gezeigt. Wenn er also jetzt singt, macht es Spaß. Vielleicht spielt er irgendwann wieder Klavier – wenn sie live auftreten. „Das wäre cool.“ Abwarten, was noch passiert. Elena Witzeck Designer, Models, CEOs Das sind die 50 wichtigsten Deutschen in der Mode Kaulitz-Zwillinge im Interview „Mich stört schon, dass Bill diesen Drang hat, aufzufallen“