Umstrittenes Gerät :
Erstmals Suizidkapsel in der Schweiz eingesetzt – mehrere Verhaftungen

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Die Sarco-Kapsel am Tatort im Kanton Schaffhausen: Im Inneren soll sich ein Knopf befinden, um Stickstoff in das Gerät einzuleiten.
Seit Monaten wird in der Schweiz über den Einsatz einer Suizidkapsel gestritten. Jetzt wurde sie zum ersten Mal eingesetzt – obwohl die Innenministerin sie zuvor als nicht rechtskonform eingestuft hatte.
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Erst am Montag hatte die Schweizer Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider sich öffentlich festgelegt: „Die Suizidkapsel Sarco ist in zweierlei Hinsicht nicht rechtskonform“, sagte die Sozial­demokratin. „Sie darf daher nicht in Verkehr gebracht werden.“

Trotzdem – oder gerade deswegen – machte die umstrittene Sterbehilfeorganisation The Last Resort noch am selben Tag Ernst: In einer Waldhütte im Kanton Schaffhausen starb am Montagnachmittag eine 64 Jahre alte Amerikanerin in der „Suizid­kapsel“. Es war das erste Mal überhaupt, dass die Erfindung zum Einsatz kam, in die sich eine Person legen und durch Knopfdruck die Zuleitung von Stickstoff auslösen kann, an dem sie dann erstickt.

Die Schaffhauser Polizei beschlagnahmte die Kapsel am Tatort, brachte die Leiche zur Obduktion nach Zürich und verhaftete mehrere Personen. Gegen sie werde ein Strafverfahren wegen „Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord“ eingeleitet, sagte der Staatsanwalt in Schaffhausen. Bei einer Verurteilung droht ihnen eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Die Schweizer Aktivistin Ingrid Hieronymi, eine Sarco-Unterstützerin, sagte laut „NZZ“: „Nachdem Frau Baume-Schneide soeben versucht hat, dem Sarco-Projekt mit juristischen Spitzfindigkeiten noch mehr Steine in den Weg zu legen, war Eile angebracht.“

Betreiber gehen von juristischem Sieg aus

In der Schweiz, in der Sterbehilfe grundsätzlich erlaubt ist, wird seit Monaten erbittert um die Suizidkapsel gestritten. Erfunden hat sie der 77 Jahre alte Australier Philip Nitschke, der sich seit Jahrzehnten für die Liberalisierung der Sterbehilfe auch für ­gesunde Menschen einsetzt. Zuletzt wurde über Pläne vom ihm berichtet, ein „Demenz-Todesimplantat“ zu entwickeln, das eine betroffene Person versterben lässt, sobald sie wegen einer Demenz nicht mehr zurechnungsfähig ist und einen Schalter nach einer Aufforderung nicht mehr umlegt. Vorgänger der futuristischen Sarco-Kapsel, die Nitschke 2019 auf der Designmesse von Venedig vor­gestellt hatte, war eine Plastiktüte, die sich Betroffene über den Kopf ziehen konnten, bevor sie mit Stickstoff gefüllt wurde.

Um die Sarco-Kapsel zum Einsatz zu bringen, gründete Nitschke The Last Resort. Die Kapsel sollte eigentlich schon im Juli das erste Mal ein­gesetzt werden. Dann erhob aber die Amerikanerin, die darin sterben sollte, schwere Vorwürfe gegen die Betreiber, die sie vor dem Termin als Sarco-Botschafterin zu vielen Medienterminen und zu hohen Ausgaben („Du brauchst dein Geld sowieso nicht mehr“) gedrängt hätten.

Die Sacro-Betreiber nahmen laut Medienberichten stets an, dass es nach dem ersten Einsatz der Kapsel zu einem Strafverfahren komme – das sie dann aber gewinnen würden. Das war aber noch bevor die Innenministerin sich am Montag so klar positionierte. Aus ihrer Sicht erfüllt die Kapsel die Anforderungen des Produktsicherheitsrechts nicht, außerdem sei diese Art der Verwendung von Stickstoff nicht mit dem Chemikalien­gesetz vereinbar.

Hilfe bei Suizidgedanken
Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie – auch anonym – mit anderen Menschen über Ihre Gedanken sprechen können.
Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.
Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222.
Der Anruf bei der Telefonseelsorge ist nicht nur kostenfrei, er taucht auch nicht auf der Telefonrechnung auf, ebenso nicht im Einzelverbindungsnachweis.
Ebenfalls von der Telefonseelsorge kommt das Angebot eines Hilfe-Chats. Den Chatraum kann man auch ohne vereinbarten Termin betreten. Sollte kein Berater frei sein, klappt es in jedem Fall mit einem gebuchten Termin.
Das dritte Angebot der Telefonseelsorge ist die Möglichkeit der E-Mail-Beratung. Auf der Seite der Telefonseelsorge melden Sie sich an und können Ihre Nachrichten schreiben und Antworten der Berater lesen. So taucht der E-Mail-Verkehr nicht in Ihren normalen Postfächern auf.
Sebastian Eder
Sebastian EderRedakteur im Ressort „Gesellschaft & Stil“.

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