China: Xi Jinping entfernt weiteren Minister

Chinas Machtapparat steht vor der Entfernung des nunmehr dritten Ministers aus dem erst 2023 vereidigten Kabinett. Landwirtschaftsminister Tang Renjian wird wegen des Verdachts auf Verstöße gegen Disziplin und Gesetz untersucht, gab die Zentrale Disziplinar-Kommission am Wochenende bekannt, wie Chinas oberste Anti-Korruptionsbehörde genannt wird. Was Minister Tang genau vorgeworfen wird, wurde zunächst nicht erklärt. Eine derartige offizielle Verkündung bedeutet üblicherweise den Amtsverlust des Beschuldigten. Nach dem früheren Außenminister Qin Gang und dem ehemaligen Verteidigungsminister Li Shangfu wäre Tang der nunmehr dritte Minister, der während der dritten Amtszeit von Staats- und Parteichef Xi Jinping sein Amt rasch wieder verliert. Über Ermittlungen gegen Qin und Li hingegen gibt es auch Monate nach ihrem Verschwinden keine offiziellen Erklärungen. Tang hat Jahrzehnte im Landwirtschaftsbereich gearbeitet und ist seit 2020 Agrarminister. Zuvor diente er als Gouverneur der armen Provinz Gansu. In dieser Provinz untersucht Chinas Antikorruptionsbehörde derzeit den ehemaligen Vorsitzenden der China National Chemical Corporation Ren Jianxin. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg soll Ren Jianxin ein 43 Milliarden Dollar umfassendes Übernahmeangebot zum Kauf des Schweizer Agrochemie-Unternehmens Syngenta erwirkt haben. Ein Zusammenhang mit der Untersuchung von Landwirtschaftsminister Tang bleibt allerdings Spekulation. „Ernährungssicherheit ist unsere oberste Priorität“ Erst vergangene Woche war Minister Tang noch öffentlich aufgetreten. Landwirtschaft und eine möglichst autarke Lebensmittelversorgung zählen zu den wichtigsten Prioritäten von Xi Jinping und dessen Vorgängern, seit unter Mao Tse-tung Dutzende Millionen Chinesen verhungerten. Seither hat sich die Ernährungslage in der Volksrepublik massiv verbessert. Doch verfügt China auch heute noch über nur rund zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf der Welt, obgleich es zwanzig Prozent der Weltbevölkerung stellt. So ist China weiterhin auf landwirtschaftliche Importe auch aus Ländern wie den Vereinigten Staaten, Australien oder der Ukraine angewiesen. Unter Xi Jinping hat sich das Autarkiestreben noch einmal verstärkt: Xi betont immer wieder, dass Chinas „Reisschale“ fest in den Händen des Volkes bleiben müsse. Landwirtschaftsminister Tang Renjian hatte diese Haltung erst auf dem Volkskongress im März wiederholt: „Vor allem muss sichergestellt werden, dass die Menschen genug zu essen haben“, sagte Tang in der Großen Halle des Volkes in Peking. „Generalsekretär Xi Jinping hat wiederholt betont, dass die Gewährleistung der nationalen Ernährungssicherheit unsere oberste Priorität bei der Regierungsführung ist.“ Tang Renjian gab dort bekannt, dass Chinas Getreideproduktion neun Jahre in Folge 650 Millionen Tonnen überstiegen habe, was zwanzig Jahre in Folge gute Ernten bedeute. Als chinesische Reporter nach der Glaubwürdigkeit solcher Statistiken fragten, sagte Tang: „Die Daten zur Getreideproduktion sind genau, zuverlässig und absolut glaubwürdig.“ Nun ist der Minister verschwunden, und in Chinas sozialen Medien wird spekuliert, warum.