Die Zufahrt ist halsbrecherisch schmal, steil und gewunden, aber nach der letzten Kurve kommt die Belohnung. Vor unseren Augen öffnet sich urplötzlich eine monumentale Canyon-Landschaft von amerikanischen Dimensionen, allerdings nicht jenseits des Atlantiks, sondern im Westen der Iberischen Halbinsel. Von den Klippen der Aussichtsterrasse Penedo Durao schauen wir auf eine mächtige Schleife des Río Duero mit der Mündung des Flüsschens Huebra. Es ist eine kolossale Bergwildnis mit steilen Felshängen, zwischen die sich kleine Parzellen von Kulturlandschaft klemmen, hier Olivenbäume in Reih und Glied, dort die sorgfältig angelegten Terrassen eines Weingutes. Den westlichen Rand der Schlucht bildet der Planalto portugués, ein 700 Meter hohes Plateau, gegenüber im Osten erstreckt sich auf selber Höhe die Penillanura salmantina, ein Teil der kastilischen Hochebene. Und beide Seiten brechen mit einer abrupten Felskante ab, denn dazwischen hat der Río Duero, den die Portugiesen Douro nennen, sein Bett bis zu fünfhundert Meter tief in den Fels hineingegraben. Das Resultat ist die dramatische Schluchtenfolge der Arribes del Duero. Etwa hundert Kilometer lang ist dieses Gewirr aus Canyons, Felsnadeln und Wasserfällen, das der Río Duero zusammen mit seinen größten Nebenflüssen Tormes, Uces, Huebra und Águeda ausgeschürft hat. An vielen Stellen sind die Einschnitte in der Landschaft tiefer als breit.