Beklemmung und Bloßstellung : Wenn der Sportunterricht zum Trauma wird
Es ist dieser ganz spezielle Geruch: Fußbodenbelag aus Linoleum, mit Abrieb von Schuhen; das muffige Leder der Turnböcke; der erkaltete Schweiß aus den Umkleideräumen. Es sind die Geräusche: quietschende Schuhe, das dumpfe Aufprallen eines Medizinballs, die Trillerpfeife der Lehrerin. Aber vor allem ist es die Atmosphäre des Sportunterrichts. Es gibt Eindrücke, die hängen einem lange nach, besonders, wenn sie mit quälenden Erinnerungen verknüpft sind. Womöglich ein Leben lang.
Sport war und ist für viele Menschen ein heikles Schulfach. Im besten Fall entfacht es Freude an der Bewegung, weckt Ehrgeiz und Teamgeist. Wenn es schlecht läuft, wird der Unterricht als Demütigung und Bloßstellung erlebt. Wöchentliche Stunden, in denen Durchhaltevermögen nicht im Ausdauersport geprobt wird, sondern in der Fähigkeit, trotz der Schmach die Aufgaben zu absolvieren. Dank Mannschaftssport und Leichtathletik schält sich heraus, welche Schülerinnen und Schüler nicht so ganz dazugehören.
„Ich war nie die beste Sportlerin, sondern eher künstlerisch veranlagt“, sagt Christiane Hein. Heute arbeitet die 47-Jährige als Illustratorin. Damals, in der Grundschule, hatte sie ein Erlebnis, das sie bis heute prägt: „Ich wurde von der Sportlehrerin an einen Kasten gestellt, und die anderen Kinder mussten versuchen, Basketbälle da reinzuwerfen“, sagt sie. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die versenkten Bälle wieder aus dem Kasten zu holen und zurückzuwerfen.
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