Februar 1945, Maastricht, NiederlandeFoto: Marlene Dietrich Collection Berlin
I. In the flesh
Marlene ist da! Es ist Mittwoch, der 29. November 1944. Die Dietrich steht vor der Schauburg in Stolberg. Ist das wahr? Die berühmte Lola Lola mit den verführerischen langen Beinen aus dem „Blauen Engel“? Marlene Dietrich, die Anfang der Dreißigerjahre ihre Heimatstadt Berlin verließ und dann gleich mit ihrem ersten Hollywoodfilm „Marokko“ zum Weltstar wurde, wie aus dem Nichts kurz hinter der schwer umkämpften Front? Sie ist es! „In the flesh“, leibhaftig ist Marlene Dietrich in Stolberg, wie es auf einem großen Plakat hinter ihr heißt: „Troops invited“.
Um drei Uhr nachmittags beginnt die Show. Also gleich. Sie hat sich schon rausgeputzt, trägt den extravaganten magentafarbenen Abendmantel im Tausendundeine-Nacht-Stil, den sie erst im Oktober im gerade wiedereröffneten Atelier der exzentrischen Modedesignerin Elsa Schiaparelli in Paris gekauft hat. Lin Mayberry, eine Tänzerin und Komödiantin aus Texas, die Dietrich schon seit Monaten begleitet und nebenbei so oft wie möglich fotografiert, macht noch schnell ein paar Aufnahmen. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Marlene in ihrem Paradiesvogelmantel, daneben zwei linkisch lächelnde Männer. Der rechte scheint direkt aus dem Feld zu kommen, seine Stiefel sind matschverschmutzt. Und eine Rasur bräuchte er auch dringend.