Schlusslicht :
Verzicht und Verbot

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Willenskraft ist gefragt, wenn der Torte entsagt werden soll.

Verzicht ist innere Freiheit, doch wo ein Verbot ein bestimmtes Handeln vorschreibt, ist dem Menschen jede Möglichkeit zum Verzicht genommen. Gedanken zum bevorstehenden Ende der Fastenzeit.

Wer seine guten Vorsätze seit Aschermittwoch durchhält, befindet sich nun auf der Zielgeraden. Wer zwischendurch allzu menschliche Schwäche zeigte, erhält in der Karwoche eine letzte Chance, starken Willen zu beweisen. Für das Durchhalten ist es hilfreich, sich an Vorbildern zu orientieren, denen der Verzicht leichtfällt. So verzichten die Aktivisten der Letzten Generation darauf, sich auf Straßen festzukleben, ein zweifellos gutes Werk, nicht nur des besseren Verkehrsflusses wegen, sondern auch, weil Cyan­acrylat, vulgo Sekundenkleber, auf fossilen Rohstoffen basiert. Quasi im Gegenzug verzichtet Volkswagen darauf, Autos wie den Multivan T 6.2 weiterhin zu produzieren, obwohl die Kunden zuletzt Schlange standen. Eine Cybersicherheitsrichtlinie der Europäischen Union soll schuld sein. Nun, dass wir mit dem Bulli ins Internet konnten oder gar wollten, wussten wir noch nicht. Wer seine Vorbilder im Sport sucht, kann sich an Nationaltrainer Julian Nagelsmann halten, der verzichtet für die kommenden Länderspiele auf einige Stammspieler.

Nun ist der Verzichtsgedanke, zumindest der klima- und weltrettende, seit einiger Zeit auf dem Rückzug, vielleicht weil es die Konjunktur auch ist oder weil infolge von Corona und Inflation viele Menschen auf manch Begehrenswertes ohnehin verzichten müssen. Verzicht ist innere Freiheit, schreibt uns Pater Anselm Grün ins Stammbuch, trotz Millionen verkaufter Bücher ist ihm jeder Luxus fremd. Eine mögliche Schlussfolgerung: Wo Mangel oder Verbote das ­Handeln oder auch Nichthandeln vorschreiben, ist dem Menschen jede Möglichkeit zum Verzicht genommen. Wenn Schokolade oder Sahnetorte verboten würden, wer könnte sich dann noch aus freiem Willen fürs Fasten von Süßem entscheiden?

Im Verzicht auf das Erlassen von übermäßigen Verboten könnte sich folglich eine Chance verbergen. Wir könnten ein Menschenbild hinter uns lassen, das im Individuum nur den Wolf sieht und das wissenschaftlich längst als überholt gilt. Anlässe, darüber in naher Zukunft nachzudenken, gibt es zuhauf, etwa das geplante PFAS-Verbot, das die Branche der Erneuerbaren hart träfe, oder die anstehende Revision des Verbrennerverbots. Eine regula­torische Fastenzeit, das wäre doch etwas, erst einmal probeweise für 40 Tage. Dabei könnten wir es wie die Kirchenväter halten: Die dazwischenliegenden Sonntage wären ausgenommen, da dürfte es Gesetze und Richtlinien prasseln.

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