Einer der bekanntesten Jünger Stefan Georges, Max Kommerell, später ein sehr angesehener Universitätslehrer der deutschen Literaturwissenschaft, veröffentlichte 1928 ein rasch berühmt gewordenes Werk: „Der Dichter als Führer in der deutschen Klassik“ – exemplifiziert an Klopstock, Herder, Goethe, Schiller, Jean Paul und Hölderlin. Der hier präsentierte Dichterkanon und auch der Berliner Verlag Georg Bondi, in dem das prunkvoll gestaltete Werk erschien, verwiesen eindeutig auf einen weiteren, im Titel zwar ausdrücklich nicht genannten, jedoch fraglos mitgemeinten Dichter-Führer: Stefan George, der nicht nur für Kommerell die wahre geistige Leitgestalt in der eisernen Zeit deutscher Existenz kurz nach dem verlorenen Krieg darstellte. Wenn in diesem Buch an zentraler Stelle die Rede davon war, „daß in aller Dichtung ein verantwortlicher Wille, eine Maß setzende Gesinnung wirksam“ sei, dass seinerzeit, also um 1800, die zentrale Aufgabe des wahren Dichters als „Führer“ darin bestanden habe, „den Deutschen aus trüber Wirrnis und Zerspaltenheit hinaufzuleiten zum einheitlichen Gesetz“, und dass der Dichter also gerade nicht nur der „Schalter im unverbindlichen Traumreich“ sein dürfe, „der nicht mehr die Tat, den nicht mehr die Tat kennt“ und deshalb am Ende nur noch als „tändelnder Erreger bürgerlicher Hoch- und Kleingefühle“ auftreten könne, dann deutete Kommerell damit an, welche zentrale Position George im geistigen und zugleich politischen Leben seiner Zeit zukomme.