📸 Es ist ein Bild, das wie kein zweites für die Zeit der sogenannten „Gastarbeit“ in Deutschland steht: Armando Rodrigues de Sá, der bei seiner Ankunft am Bahnhof Deutz in Köln am 10. September 1964 – also vor genau 60 Jahren – als einemillionster „Gastarbeiter“ in Deutschland begrüßt wird.
🛵 Das Foto von de Sá mit Blumenstrauß und geschenkten Moped wurde als Symbolbild dieser Zeit unzählige Male in Schulbüchern, Zeitungsartikeln und anderen Medienbeiträgen genutzt, um die Jahre der sogenannten „Gastarbeit“ zu versinnbildlichen.
💐 Dabei waren die Umstände, unter denen das Foto entstand, skurril: Das Ganze war eine PR-Aktion der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BdA). De Sá wurde durch blindes Tippen auf die Passagierliste des Zuges zufällig ausgewählt, mit ihm kamen an diesem Tag viele andere Arbeitsmigrant*innen aus Portugal an. Ohne dass er zuvor davon erfahren oder gar zugestimmt hätte, wurde de Sá vor die Kameras der wartenden Presse gestellt.
📣 Er war nicht nur unvorbereitet und nach 48 Stunden Zugfahrt übernächtigt – als sein Name ausgerufen wurde, hatte er sogar zunächst Sorge, wieder nach Portugal zurückgeschickt zu werden. So war es anderen Mitreisenden an der Grenze ergangen. Die portugiesische Polizei handelte oft willkürlich, das Land war eine Diktatur.
🙋♂️ Bei all dem Rummel um das berühmte Foto wurde die Geschichte des Menschen, der da öffentlichkeitswirksam als Vertreter der sogenannten „Gastarbeiter“ gefeiert wurde, auch in den Folgejahren kaum beachtet.
🤝 Für die öffentliche Auseinandersetzung mit de Sá als Person stellt die Arbeit von DOMiD einen Wendepunkt dar: 2004 machten sich Forschende von uns und Partnerorganisationen auf den Weg nach Portugal, führten intensive Gespräche mit der Familie und werteten diese Interviews aus. Im DOMiD-Archiv sind diese Gespräche, Fotos und weitere Objekte aufbewahrt, die die Geschichte de Sás erzählen.
📍 Zum 50. Jahrestag seiner Ankunft fand 2014 in Köln ein großer Festakt statt, zu dem Familienangehörige eingeladen waren. Eine damals aufgestellte Erinnerungsplakette wurde am 3. September 2024 (auf Initiative des Kölner Integrationsrates durch die Stadt Köln) mit Unterstützung von DOMiD erneuert:
💬 „Für uns war es immer wichtig, de Sá als Menschen in den Blick zu nehmen. Zu schnell werden Eingewanderte nur als Zahlen begriffen“, so unser Geschäftsführer Dr. Robert Fuchs dazu. „Wichtig ist hier ein Perspektivwechsel hin zu den Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nach Deutschland kommen, sich niederlassen und unsere Gesellschaft mitprägen.“
#gastarbeiter #migration #unsermuseum #erinnerungskultur #einwanderungsland
Veranstaltungsfotos: Wolfgang Heep / DOMiD-Archiv, Köln