Beitrag von Ralf Schottke

Profil von Ralf Schottke anzeigen, Grafik

Universitätsprofessor Leuphana Universität Lüneburg - Baubetriebswirtschaft

Hervorragend analysiert. Die baubetrieblichen Fehler zu 642 BGB reichen bis in die 60 iger Jahre zurueck.

Profil von Gabriela Böhm anzeigen, Grafik

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht und Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Partnerin, Schiedsrichterin

Paradigmenwechsel im Bauvertragsrecht 🤷♀️Von Obliegenheiten zu Pflichtverletzungen ⁉️ Die Differenzierung zwischen den Handlungen des AG und des AN nimmt eine spannende Wendung. Die Debatte über die Grenzen zwischen Obliegenheiten (§ 642 BGB) und echten Pflichtverletzungen (§ 6 Abs. 6 VOB/B) des AG reicht weit über die Gerichtssäle hinaus. ❗️Ein sehr lesenswerter Aufsatz von Karl-Heinz Keldungs, Vorsitzendenrichter am OLG Düsseldorf a. D., in der BauR 4, 2024, wirft weiteres Licht auf diese komplexe Thematik und regt zum Nachdenken an.❗️ 👉Der BGH hat in seinen wegweisenden Entscheidungen vom 27.6.1985 (VII ZR 23/84) und vom 21.10.1999 (VII ZR 185/98) die Unterschiede zwischen Obliegenheiten und Pflichten des AG unter die Lupe genommen. Diese Urteile lösten eine wichtige Diskussion aus: Sollten bestimmte Aktionen des AG nicht mehr als Obliegenheiten, sondern als Pflichtverletzungen klassifiziert werden? Die Debatte fokussiert sich stark auf die Anwendung von § 642 BGB, deren Ausweitung kritisch gesehen wird, da sie laut Kritikern zu “untragbaren Ergebnissen” führen kann. Insbesondere werfen die Themen der Bereitstellung des Grundstücks und der Untersuchung des Erdreichs auf Kontamination drängende Fragen auf, die eine Überprüfung der Rechtslage nahelegen. 👉Ein kritischer Punkt ist der Planlieferverzug, der laut BGH innerhalb der Planungspflicht des Auftraggebers liegt. Verzögerungen in diesem Bereich führen zu direkten Auswirkungen auf die Ausführungsfristen der Auftragnehmer. Hier beginnt die Umdeutung von Obliegenheiten in Pflichtverletzungen, um die Rechtsfolgen zu intensivieren. 👉Die Pflicht zur Koordination und rechtzeitigen Beauftragung von Vorunternehmerleistungen birgt ein weiteres Potential für die Umdeutung von Obliegenheiten in Pflichtverletzungen. Versäumnisse in diesem Bereich beeinträchtigen nicht nur die zeitgerechte Fertigstellung, sondern könnten durchaus als Pflichtverletzungen des AG gewertet werden, mit der Folge, dass § 6 Abs. 6 VOB/B einschlägig wäre. 👉Die gerichtliche Praxis zeigt, dass eine starre Anwendung des § 642 BGB auf zu viele Sachverhalte zu ungerechten Ergebnissen führt. Es ist an der Zeit, dass die Gerichte eine Neubewertung vornehmen, um die sich aus der Praxis ergebenden Fehlentwicklungen zu korrigieren. Die Aufwertung von Obliegenheiten zu Pflichtverletzungen stellt einen solchen korrektiven Ansatz dar. 👉Die Diskussion um die Neubewertung von Obliegenheiten des Auftraggebers als Pflichtverletzungen im Bauvertragsrecht ist nicht nur eine akademische Übung, sondern eine notwendige Anpassung an die Realitäten der Baupraxis. Die Verschiebung von Entschädigungs- zu Schadensersatzansprüchen reflektiert ein gerechteres Verständnis von Verantwortlichkeiten und fördert ein ausgewogeneres Vertragsverhältnis zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern. ☝️Die juristische Gemeinschaft ist nun gefordert, diesen Wandel voranzutreiben und für seine Anerkennung in der Rechtsprechung zu sorgen.

  • Kein Alt-Text für dieses Bild vorhanden
Ralf Schottke

Universitätsprofessor Leuphana Universität Lüneburg - Baubetriebswirtschaft

6 Monate

Wenn die Vorleistungspflich des AG Neben Pflicht wäre, waere dasProblem behoben. Dann haetten wir nur noch Verguetung und Schadenersatz. Der untaugliche 642 waere weg.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Themen ansehen