Evangeliar Heinrichs des Löwen : Als führten sie ein Bilderbuchleben
Als Christian Heitzmann das kleine Büro im Lessinghaus in Wolfenbüttel betritt, strahlt er Begeisterung aus. Das Lessinghaus gehört zur Herzog-August-Bibliothek. In den Händen hält er ein dickes Buch, dessen Einband durch einen Schuber geschützt ist. In einer Ecke steht ein gemütliches Sofa mit einem Tisch. Als er das Buch darauf ablegt, sticht der Titel ins Auge: „Das Evangeliar Heinrichs des Löwen und Mathildes von England.“ Jahrzehntelang wurde dieser besondere Bestandteil der Bibliothek nur als „Evangeliar Heinrichs des Löwen“ bezeichnet. Heitzmann wundert sich, dass unsere Vorfahren nicht schon auf den Gedanken gekommen sind, Mathilde in die Namensgebung aufzunehmen. Schließlich steht die Fürstin auf Abbildungen im Evangeliar, die die Krönung der beiden zeigen, Heinrich gleichrangig zur Seite. „Wenn der liebe Gatte sonst wo unterwegs war, hat sie hier in Braunschweig praktisch die Geschäfte geführt und vor allem auch das kulturelle Leben am Hof eigentlich selbst bewältigt“, berichtet der gebürtige Baden-Württemberger. Die Rolle der Fürstinnen gerät in den letzten Jahrzehnten verstärkt in den Blick der Forschung.