Dagestan :
Warum verenden so viele Robben im Kaspischen Meer?

Von Friedrich Schmidt, Moskau
Lesezeit: 2 Min.
Gefährdet: Die Kaspische Robbe
Am Nordwestufer des größten Binnengewässer der Erde werden immer mehr verendete Kaspische Robben gefunden. Sauerstoffmangel soll die Ursache sein.
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Ans russische Ufer des Kaspischen Meers werden immer mehr tote Robben angeschwemmt. Nach Angaben des Umweltministeriums der Teilrepu­blik Dagestan, die am Nordwestufer des größten Binnengewässers der Erde liegt, sind bisher an mehreren Küstenorten 2500 der verendeten Meeressäuger ge­funden worden. Man suche weiter, doch es sei schon klar, dass es sich um das schlimmste Massensterben der Kaspischen Robbe der vergangenen zehn Jahre handele.

Die Leiterin der russischen Umweltaufsichtsbehörde, Swetlana Radionowa, äußerte eine erste Vermutung, woran die Robben vor rund zwei Wochen verendet sein könnten: an Sauerstoffmangel. Solche Fälle habe es schon früher ge­geben, sagte Radionowa am Montag im Staatsfernsehen. So seien im Jahr 2020 an den Küsten des Kaspischen Meeres, in Dagestan sowie im südlichen Nachbarland Aserbaidschan rund 2000 Robben gefunden worden, die aufgrund von Hypoxie verendet seien.

Kaspische Robbe auf „roter Liste“

Auch jetzt habe man im Gewebe toter Robben entsprechende Änderungen bemerkt. Man habe, sagte Radionowa weiter, keine Spuren mechanischer Einwirkung oder von Fischer­netzen festgestellt, auch keine Umweltverschmutzungen oder Vergiftungen der Tiere. Womöglich sei Gas ausgetreten. Genaueres werde man En­de der Woche sagen können. Radionowa versprach, die „besten Spezialisten“ würden sich der Sache annehmen, es werde einen „runden Tisch“ geben.

Ein Videostandbild vom russischen Fernsehen RU-RTR zeigt zwei tote Robben am Strand des Kaspischen Meers.
Ein Videostandbild vom russischen Fernsehen RU-RTR zeigt zwei tote Robben am Strand des Kaspischen Meers.dpa

Im russischen Staatsfernsehen wird das Thema nicht – wie andere traurige Geschehnisse – tabuisiert. Vielmehr zeigt es Bilder toter Robben. Einige liegen leblos im Sand, andere werden noch von ­Wellen sanft bewegt. Dazwischen stapfen Menschen in neongelben Warnwesten herum. Radionowa äußerte sich besorgt darüber, dass die Kaspische Robbe, die als stark gefährdet gilt und auf „roten Listen“ aller fünf Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres steht, neuerlich von ei­nem Massensterben betroffen sei.

Einst soll es mehr als eine Million Kaspische Robben gegeben haben. Doch wurden die Tiere lange wegen ihres Fells und des Specks gejagt. Laut Umweltschützern setzt ihnen noch heute der Fischfang zu, teils die Wilderei nach Stören. Auch die Öl- und Gasförderung vor der Küste stört ih­re Kreise.

Zudem geht im Klimawandel das Eis zurück, auf das die Tiere winters zur Fortpflanzung angewiesen sind, wie Fotos flauschig-weißer junger Robben aus der Region zeigen. Umweltschützer schätzen, dass die Gesamtzahl der ­Rob­ben mittlerweile nicht mehr größer als 70.000 ist. Sie fordern eine bessere Beobachtung der Population sowie ein Rehabilitationszentrum in der Teilrepublik, um verletzte und schwache Robben aufzupäppeln.

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