Kollision bei Washington :
Wohl keine Überlebenden bei Flugzeugunglück

Von Sofia Dreisbach, Majid Sattar, Washington
Lesezeit: 4 Min.
Nach Sonnenaufgang wird in Washington das Ausmaß des Unglücks deutlich.
Ein Flugzeug der PSA Airlines ist beim Anflug auf den Washingtoner Hauptstadtflughafen mit einem Militärhubschrauber zusammengestoßen. Die Feuerwehr geht davon aus, dass alle 67 Insassen ums Leben gekommen sind.
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Bei dem Zusammenstoß zwischen einem Flugzeug und einem Hubschrauber in der US-Hauptstadt Washington sind nach Einschätzung der Behörden alle 67 Insassen ums Leben gekommen. „Zum jetzigen Zeitpunkt glauben wir nicht, dass es Überlebende gibt“, sagte Feuerwehrchef John Donnelly. Inzwischen seien 27 Tote aus dem Flugzeug und ein Toter aus dem Hubschrauber geborgen worden.

Ein Regionalflugzeug mit mehr als sechzig Personen an Bord war am Mittwochabend in Washington im Anflug auf den Hauptstadtflughafen mit einem Militärhubschrauber kollidiert und abgestürzt. Auf der Plattform X wurde ein Video verbreitet, auf dem nach einem Zusammenstoß ein großer Feuerball auf der Uferseite des Potomac-Flusses im Bundesstaat Virginia zu sehen war. Flugzeug und Helikopter stürzten ins Wasser des Flusses Potomac.

Nach Angaben der amerikanischen Luftfahrtbehörde stieß ein Passagierflugzeug des Typs Bombardier CRJ700, das als American-Airlines-Flug aus Wichita in Kansas kam, mit einem Black-Hawk-Militärhubschrauber zusammen, die regelmäßig über die Hauptstadt fliegen. Laut der Airline befanden sich an Bord des Flugzeugs 60 Passagiere und vier Besatzungsmitglieder. Das Pentagon teilte mit, in dem Hubschrauber, der sich auf einem Trainingsflug befunden haben soll, hätten drei Militärangehörige gesessen. Da die Militärhubschrauber häufig zum Transport von politischem Personal eingesetzt werden, wurde zudem mitgeteilt, dass ausschließlich Militärangehörige an Bord gewesen seien.

Unmittelbar nach dem Unglück war in einem Großeinsatz im etwa null Grad kalten Potomac nach Überlebenden gesucht worden. Der Sender CBS meldete rund zweieinhalb Stunden nach dem Zusammenstoß, nach Polizeiangaben seien bislang mehr als ein Dutzend Todesopfer geborgen worden. Ein Washingtoner Lokalsender sprach am Flughafen mit einem Mann, dessen Frau an Bord des Flugzeugs aus Wichita gewesen war. Er sagte, sie habe ihm noch geschrieben, dass sie in zwanzig Minuten lande. Seine Antwort sei schon nicht mehr zugestellt worden. Auf Fotos vom späten Abend waren Trümmerteile des Flugzeugs zu sehen, unter anderem Teile eines Flügels und des Rumpfs, die aus dem Wasser ragten.

An Bord waren offenbar mehrere Mitglieder des US-Eiskunstläufer, wie der Verband „Washington Post“ mitteilte. Darunter seien Athleten, Trainer und Familienmitglieder gewesen, die sich auf dem Rückweg von einem Trainingscamp befanden. Nähere Details wurden zunächst nicht bekannt. Die russische Nachrichtenagentur TASS teilte zudem mit, dass die früheren Eiskunstlaufstars Jewgenija Schischkowa und Wadim Naumow ebenfalls zu den Passagieren zählten. Das Paar hatte 1994 die Weltmeisterschaft gewonnen.

In den sozialen Medien wurde am Mittwochabend eine Tonaufnahme verbreitet, die angeblich aus dem Tower stammt und die Konversation mit dem Hubschrauber wiedergibt. Darin ist zu hören, wie eine Person den Hubschrauberpiloten fragt, ob er die Passagiermaschine CRJ „im Blick“ habe und ihn dann anweist, „hinter“ dem Flugzeug vorbeizufliegen. Im Folgenden – offenbar nach dem Zusammenstoß – sind mehrere entsetzte Ausrufe zu hören.

Bürgermeisterin: Tragischer Vorfall

Die Bürgermeisterin Washingtons, Muriel Bowser, trat um ein Uhr nachts im Flughafen für eine Pressekonferenz vor das Mikrofon. Sie sprach von einem „tragischen Vorfall“ und sagte, es seien Einsatzkräfte aus Washington und den umliegenden Bundesstaaten Maryland und Virginia für die „Rettungsaktion“ im Einsatz. Der in dieser Woche eingeschworene, neue Transportminister Sean Duffy dankte den Notfallhelfern in der Nacht zum Donnerstag für die Suche bei „sehr schwierigen Bedingungen“. Das Transportministerium und die Luftfahrtbehörde stellten alle nötige Unterstützung für die Untersuchungen bereit.

Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser mit Verkehrsminister Sean Duffy (links)
Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser mit Verkehrsminister Sean Duffy (links)Reuters

Laut dem Leiter der Feuerwehr und des Rettungsdienstes von Washington, John Donnelly, ging um 20.48 Uhr ein Notruf ein, der einen großen regionalen Einsatz auslöste. Zehn Minuten später seien die ersten Einsatzkräfte am Unglücksort eingetroffen und hätten ein Flugzeug „im Wasser vorgefunden“. Es seien zu diesem Zeitpunkt 300 Helfer im Einsatz, ebenso wie Polizei- und Feuerwehrboote, Hubschrauber und Taucher. Es handele sich wegen schwieriger Bedingungen um ein „extrem komplexes“ Unterfangen. Es sei kalt und relativ windig. Der Flugbetrieb am Ronald-Reagan-National-Airport wurde unmittelbar nach dem Unglück eingestellt und soll frühestens am Donnerstagmorgen um elf Uhr wieder aufgenommen werden.

Trump kritisiert den Kontrollturm

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, teilte mit, Präsident Donald Trump sei „auf diese Situation aufmerksam gemacht worden“. Tragischerweise scheine es so, dass ein Militärhubschrauber mit einem Regionalflugzeug zusammengestoßen sei. Trump äußerte sich kurz nach Mitternacht – noch vor der ersten Pressekonferenz – mit einer eigenen Einschätzung des Vorfalls. Das Flugzeug habe sich im „perfekten“ Anflug auf den Flughafen befunden. Es sei eine klare Nacht und die Lichter des Flugzeugs eingeschaltet gewesen. „Warum ist der Hubschrauber nicht nach oben oder unten geflogen oder hat eine Kurve geflogen?“, schrieb Trump auf seiner Plattform „Truth Social“. Warum habe der Kontrollturm „dem Hubschrauber nicht gesagt, was er tun soll, anstatt zu fragen, ob er das Flugzeug gesehen hat?“ Es sei eine schlimme Situation, die hätte verhindert werden müssen.

PSA Airlines ist eine regionale Fluggesellschaft, deren Hauptquartier in Dayton im Bundessstaat Ohio ist. PSA betreibt Flüge für American Airlines, die – gemessen an Passagierzahlen – weltgrößte Fluggesellschaft. Die PSA-Flotte besteht aus Bombardiermaschinen. Der Geschäftsführer von American Airlines äußerte am späten Mittwochabend, der Fokus liege nun darauf, sich um alle zu kümmern, die von dem Unglück betroffen seien. Er kündigte an, auf dem Weg zum Hauptstadtflughafen in Washington zu sein.

Die Ufer des Potomac um den Hauptstadtflughafen herum waren am späten Mittwochabend von Rettungsfahrzeugen gesäumt. In der Luft kreisten Suchhubschrauber; die Brücke nach Alexandria war für den Verkehr gesperrt. Auch der gegenüberliegende Hains Point, von dem aus die Unglücksstelle einsehbar war, wurde im Laufe des Abends abgesperrt. Der Potomac war wegen der außergewöhnlichen Minusgrade in der Hauptstadt in der vergangenen Woche noch stellenweise zugefroren und von Eisschollen bedeckt.

Die letzte tödliche Flugkatastrophe mit einer kommerziellen Airline in den Vereinigten Staaten ereignete sich vor 16 Jahren. Am 12. Februar 2009 stürzte Colgan Air Flug 3407 in der Nähe von Buffalo, New York, ab. Dabei kamen 50 Menschen ums Leben.

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