Formel-1-Kommentar :
Flavios Seelenrettung

Anno Hecker
Ein Kommentar von Anno Hecker
Lesezeit: 2 Min.
Macht sich Gedanken um die Seele seines Sports: Flavio Briatore
Der Mann kommt immer wieder zurück, und zwar volltönend: Flavio Briatore, der Lebemann der Formel 1. Nun macht er sich Gedanken über Treu und Glauben, Versprechen und Vertrauen. Ausgerechnet er.
Merken

Der Mann kommt immer wieder zurück, und zwar volltönend. Zuletzt über den italienischen Rundfunksender Radio 1. Da hörte man seine heisere, vom Leben und der wüsten Liebe (bis hin ins Bergische Land) gezeichneten Stimme: Flavio Briatore, der Lebemann der Formel 1. So viele Rollen hat er schon gespielt. Lover der Schönsten, Skilehrer, Börsenmakler, Landvermesser, Workaholic, Millionär und Bösewicht. Nun kommt eine neue hinzu. Briatore gibt sich die Ehre als moralische Instanz.

Warum nicht weise werden im Alter? Wenn man das Leben Revue passieren lässt und plötzlich klar sieht: Da waren vielleicht ein paar Sachen, die man besser gelassen hätte. Aber es ist nie zu spät. Und so hat Flavio als Wahrheitsprediger der Welt da draußen Entlarvendes über den inneren Zirkel der Formel 1 anvertraut. „Schumacher ist wie alle anderen. Die reden (über die Verbesserungen der Formel 1 für alle), handeln aber nach persönlichen Interessen.“

Unerwünscht im Reich des Weltverbandes

Zugegeben, eine Neuigkeit ist das nicht. Aber doch ein starker Hinweis, dass Briatore Distanz gewonnen hat zu sich selbst - in der Verbannung. Ja, er ist noch Persona non grata, unerwünscht im Reich des Internationalen Automobil-Verbandes (Fia).

Obwohl ein ordentliches Gericht den Bann des Italieners wegen eines Formfehlers längst aufgehoben hat. Trotzdem darf Flavio nicht mehr nach Haus kommen. Recht so. Denn die harte Strafe der unbeugsamen Fia zeigt schließlich Wirkung. Briatore hat nämlich nicht nur das Kreisen der Steuerexperten um sich selbst angeprangert. Er geht sogar noch einen großen Schritt weiter.

Gedanken über Versprechen und Vertrauen

In der Abgeschiedenheit machte er sich seine Gedanken über Treu und Glauben, Versprechen und Vertrauen. Das Ergebnis? Eine Anklage, j'accuse: „Schumacher wollte in die Formel 1 zurückkehren. Es ist zu einem uneleganten Verrat (an Ferrari) gekommen.“ Das sitzt. Man hat es doch geahnt. Unter Briatores behaarter Brust schlägt nicht nur ein großes Herz für alles, was rollt in der Formel 1, Rubel zum Beispiel. Und in seinem Kopf kursieren keine Rachegelüste, weil die Fia ihm als Teamchef von Renault eine massive Beteiligung an der Manipulation des Großen Preises von Singapur 2008 nachsagt.

Damals hatte Nelson Piquet sein Auto absichtlich in die Mauer gehauen, um Fernando Alonso ein gutes Resultat (es wurde ein Sieg) zu ermöglichen. Nein, Briatore macht sich Gedanken um die Seele seines Sports. Man kann ihm vieles vorwerfen. Aber eines ist gewiss. Beim Thema Verrat ist er ein Experte.

  翻译: