Nach Freispruch : Islamforscher Tariq Ramadan wegen Vergewaltigung verurteilt

Nach einem Freispruch im Mai 2023 ist Tariq Ramadan nun in einem Berufungsverfahren schuldig gesprochen worden. Ein Schweizer Gericht sah es als erwiesen an, dass er vor fünfzehn Jahren eine Frau vergewaltigt hat.
Der Islamforscher Tariq Ramadan ist in einem Berufungsverfahren in der Schweiz der Vergewaltigung schuldig gesprochen worden. Wie am Dienstag öffentlich wurde, kippte das Berufungsgericht den im Mai 2023 ergangenen Freispruch eines vorinstanzlichen Gerichts und verurteilte den 62-jährigen früheren Professor der britischen Eliteuniversität Oxford zu drei Jahren Gefängnis, davon zwei auf Bewährung. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Verurteilung vor dem Obersten Gericht der Schweiz angefochten wird.
Das Urteil erging bereits am 28. August, wurde aber erst am Dienstag nach einem Bericht des Schweizer Rundfunks RTS veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft hatte in der Berufung drei Jahre Haft gefordert, von denen nur anderthalb auf Berufung ausgesetzt werden sollten.
In dem Verfahren geht es um einen Vorfall in einem Hotelzimmer vor 15 Jahren in Genf. Eine muslimische Konvertitin, die nur als „Brigitte“ identifiziert wurde, warf Ramadan vor, sie in einer Nacht Ende Oktober 2008 vergewaltigt und anderen sexuellen Gewaltakten unterzogen zu haben. Ihr Anwalt gab an, sie sei wiederholt vergewaltigt worden und habe „Folter und Barbarei“ erleiden müssen.
Er sei Opfer einer Falle geworden
Ramadan hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Er gab an, Opfer einer „Falle“ geworden zu sein und sagte, Brigitte habe sich selbst zu ihm eingeladen. Er habe sich von ihr küssen lassen, bevor er die Begegnung schnell beendet habe.
Brigitte war zum Zeitpunkt des Vorfalls in ihren Vierzigern. Sie reichte zehn Jahre später eine Klage ein und erklärte dem Gericht, sie habe sich durch ähnliche Klagen gegen Ramadan in Frankreich ermutigt gefühlt.
Das jetzige Urteil des Berufungsgerichts kippt einen Freispruch aus dem vergangenen Jahr. Das damals zuständige Gericht verwies auf einen Mangel an Beweisen, widersprüchliche Aussagen und „Liebesbotschaften“, die Brigitte nach dem Vorfall geschrieben habe. In der Berufungsverhandlung erklärten Brigittes Anwälte, Ramadan habe „Kontrolle“ über ihre Mandantin ausgeübt.
Ramadan ist seit Ende 2017 von seiner Professur an der britischen Universität Oxford beurlaubt. Damals kamen Vergewaltigungsvorwürfe in Frankreich auf – dort wird ihm vorgeworfen, zwischen 2009 und 2016 drei Frauen vergewaltigt zu haben. Ramadan ist der Enkel des Gründers der ägyptischen Muslimbruderschaft.