Pass für Tagesbesucher : Touristen strömen trotz Eintrittsgebühr weiter nach Venedig

Mehr Betten für Touristen als Einwohner: Eintrittspreise sollen Venedigs Besuchermassen reduzieren – bislang gelingt das aber nicht. Kritiker werfen dem Bürgermeister eine „raffinierte Marketingkampagne“ vor.
Die Einführung einer Eintrittsgebühr für Tagesbesucher der Altstadt von Venedig hat bisher nicht zur erhofften Reduzierung des Touristenstroms geführt. Im Gegenteil. So wurden etwa am vergangenen Sonntag gut 70.000 Besucher registriert, rund 5000 mehr als am dritten Sonntag im Mai des Vorjahres. Erstmals war die Gebühr von fünf Euro für Tagestouristen am 25. April erhoben worden.
Nach einer Testphase bis zum 5. Mai hatte die Stadtverwaltung eine erste Statistik vorgelegt: Danach wurden an den elf Tagen des Tests mehr als 195.000 Tickets verkauft, was Einnahmen von 975.000 Euro generierte, deutlich mehr als die Stadt erwartet hatte. Seit Ende der Testphase müssen Tagesbesucher – zunächst bis Mitte Juli – nur an Wochenenden zwischen 8.30 und 16 Uhr Eintritt bezahlen.
Bei einer Pressekonferenz in Rom beklagten Vertreter der Bürgerbewegung „Tutta la Città insieme“ das vollständige Scheitern der Operation Eintrittspreis, die der wirtschaftsliberale Bürgermeister Luigi Brugnaro als ersten Schritt im Kampf gegen den „Overtourism“ gepriesen hatte. Inzwischen habe sich gezeigt, dass die Erhebung einer Gebühr für Tagestouristen nichts weiter als eine „kunstvoll inszenierte Marketingkampagne“ Brugnaros gewesen sei, die gerade nicht das Ziel verfolgt habe, die Zahl der Besucher zu reduzieren, sagte Enrico Tonolo, Vorsitzender von „Tutta la Città insieme“.
Die Eintrittsgebühr habe zu keinerlei Reduzierung der Zahl von durchschnittlich 80.000 Touristen geführt, die sich jeden Tag in der Stadt neben den nur noch 49.000 ständigen Einwohnern aufhielten. „Einen Monat nach der Einführung des Tickets zeigen die Daten, dass die Einführung des Eintrittsgelds nutzlos ist“, sagte Tonolo.
Gegner der Maßnahme beklagen außerdem, dass die Einwohner Venedigs gezwungen seien, bei Kontrollen ihre Ausweise vorzulegen, um ihren ständigen Wohnsitz nachzuweisen, und dass sie die Personendaten von eingeladenen Freunden und Gästen angeben müssten, damit diese vom Entrichten der Gebühr befreit werden. Schließlich sei bisher noch in keinem einzigen Fall eine Strafe verhängt worden, wenn ein Tagesbesucher ohne erforderliches Ticket in Form eines QR-Codes ertappt wurde.