Promotionsrecht : Weiter unter Beobachtung

Ob es nötig war, den früheren Fachhochschulen das Promotionsrecht zu verleihen, darüber lässt sich streiten. In zweierlei Hinsicht könnte diese Entwicklung auch ihr Gutes haben.
Einem Schmalspurgleis zum Doktortitel würde Matthias Kleiner gewiss nicht die Freigabe erteilen – so viel Qualitätsbewusstsein darf man dem früheren Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstellen. Insofern hat das grundsätzlich wohlwollende Votum der Kommission, der Kleiner vorstand, schon Gewicht.
Dass sie den hessischen Weg zum Promotionsrecht an Hochschulen für angewandte Wissenschaften zum Irrpfad erklären würde, war allerdings von vorneherein nicht zu erwarten. Schließlich handelt es sich um ein Prestigeprojekt sowohl der schwarz-grünen Landesregierung als auch der beteiligten Universities of Applied Sciences, wie sie sich inzwischen gerne nennen. Da gibt man sich bei der Auswahl von Promotionsthemen und der Betreuung von Doktoranden gewiss ordentlich Mühe, mehr vielleicht sogar als an manchem Uni-Fachbereich, an dem Dissertationen als Massenware angefertigt werden und der wissenschaftliche Nutzen solcher Qualifikationsschriften entsprechend überschaubar gerät.
Sich weiterhin darüber zu echauffieren, dass der Kreis der Einrichtungen mit Lizenz zur Doktorenproduktion erweitert wurde, ist ohnehin müßig, selbst wenn man diesen Schritt für unnötig gehalten hat. Andere Länder gehen in die gleiche Richtung, und wie auch im Kommissionsbericht anklingt, werden sich Hochschulen künftig stärker durch ihr individuelles Profil – und hoffentlich ihr Niveau – voneinander abheben als durch ihren formalen Status.
Trotzdem sollten sich die früheren Fachhochschulen mit Promotionsbefugnis darüber im Klaren sein, dass sie weiterhin unter besonderer Beobachtung stehen. Der Widerruf dieser Erlaubnis bei schlechtem Evaluationsbefund müsse eine „real mögliche Konsequenz“ sein, schreibt die Kommission. Man darf gespannt sein, ob diese Folgerung im Ernstfall trotz des damit einhergehenden Prestigeverlusts auch gezogen wird.
Sein Gutes hätte das hessische Modell, wenn sich nun tatsächlich mehr Bildungsaufsteiger mit wissenschaftlicher Begabung, die keine Universität besucht haben, für eine Forscherkarriere qualifizierten. Und wenn generell mehr über die Qualität von Doktorarbeiten gesprochen würde – auch an Universitäten. Was das betrifft, muss ein an der Hochschule Fulda in Public Health Promovierter gegenüber so manchem Dr. med. vermutlich keine Minderwertigkeitskomplexe haben.