Formel 1 in Qatar :
Mein lieber Biber!

Anno Hecker
Ein Kommentar von Anno Hecker
Lesezeit: 2 Min.
Rendezvous mit einem Biber? Yuki Tsunoda hat da etwas missverstanden.
Die Formel 1 ist das reinste Theater: Kaum ein Rennen ohne Gemecker über die Regelauslegung, die Streckenkommissare, das Verkehrsgericht. Im arabischen Wüstensand wurde nun sogar für Großnager gebremst.
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Was hat der Spiegel eines Formel-1-Rennwagens mit einem Biber zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass die Piloten während des Großen Preises von Qatar am Sonntag eines dieser possierlichen Tiere beim Rückblick erfasst hatten. Was angesichts der Verbreitung des Castor Fiber auch einer Sensation entsprochen hätte. Feuchtgebietliebhaber in der Wüste vor den Toren von Doha?

Aber die Rücksicht ist ohnehin nicht die erste Tugend unter Vollgasartisten. Vorausschauend fahren schon eher, nie im vergangenen Verweilen. Sonst hätte Max Verstappen die Lust verloren, so langsam, wie er kreiste im Training und im Sprintrennen. Unter ferner liefen. Ein Grund, mal auszusteigen.

Aber er stieg voll ein, zusammen mit dem Team. Prompt kam es im Handumdrehen zu einer Beschleunigung – glaubt man dem Weltmeister – von null auf 300: Sein 63. Sieg vor Carlos Sainz im Ferrari und Oscar Piastri (McLaren) zählt zu den überraschendsten.

Dagegen erfüllte der Tross die Erwartung: Kaum ein Rennen ohne Gemecker über die Regelauslegung, die Streckenkommissare, das Verkehrsgericht. Immer ein schönes Theater, gerne geprägt von der Tönung der Teambrille, die der Kläger trägt. Am Sonntag fiel eine Wahrnehmungsschwäche auf, als der Teamchef von McLaren grimmig ein Plädoyer gegen die Bestrafung seines Fahrers Lando Norris hielt: zehn Sekunden Stillstand an der Box, Rückfall von Rang zwei ans Ende des Feldes: nur Zehnter! Weil er zehn Sekunden absitzen musste in der Box. Zu Recht.

Der Brite übersah doppelt geschwenkte gelbe Flaggen. Ein Signal für Gefahr. Norris blieb auf dem Gas, kam zu spät zu Bewusstsein: „Ich bin doch nicht blöd.“ Dann müsste er blind sein, zumindest für Gelb.

Der Formel 1 half es, weil der Vorsprung McLarens in der Konstrukteurswertung vor Ferrari zum Finale in Abu Dhabi auf 21 Punkte schrumpfte. Die Spannung wächst und mit ihr sogar die Chance auf lustige Irrtümer, wenn Fahrer Sehen und Hören vergeht: „Double yellow before turn one“, „doppelt gelb vor Kurve eins“, rief der Renningenieur Yuki Tsunoda (Racing Bulls) zu, weil der Rückspiegel eines Williams verlassen auf der Piste lag.

Der sah das Gelb wohl, hörte aber nicht recht. „Before“ nahm der Japaner im knarzenden Kanal als „beaver“ wahr. Schon ging er vom Gas. Nein, in der Formel 1 wird nicht unbedingt für Tiere gebremst, aber schon mal für Hirngespinste.

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