EM-Gold für Leonie Beck :
„Das lief mal gut, es hat Spaß gemacht“

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Leonie Beck freut sich am Strand von Lido di Ostia über EM-Gold.
Mit einem furiosen Schlussspurt gewinnt Leonie Beck am letzten EM-Tag Gold im Freiwasser. Sie kennt das Meer vor Lido di Ostia gut. In Deutschland wünscht sie sich mehr Begeisterung für ihren Sport.
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Etwas wackelig auf den Beinen stapfte Leonie Beck an den Strand von Lido di Ostia. Lächelnd reckte sie den Daumen nach oben. Ausgerechnet in ihrer Wahlheimat in der Nähe von Rom jubelte die 25-Jährige über EM-Gold. „Das lief mal gut“, stellte Beck gespielt sachlich fest und lachte. „Europameisterin ist etwas ganz Besonderes.“

Beck siegte am Sonntag im Meer vor Lido di Ostia mit einem starken Schlussspurt vor der Italienerin Ginevra Taddeucci. Bronze ging an Angélica André aus Portugal. Für das von Wind und Wellen geprägte Rennen benötigte die Deutsche auf der olympischen Distanz 2:01:13,4 Stunden. Nie zuvor hatte sie Gold in einem großen internationalen Einzelrennen gewonnen.

„Jedes Mal das gleiche Spiel“

Der Weg dorthin war am Abschlusstag der Europameisterschaften besonders anstrengend. „Es war eines der top drei welligsten Rennen, die ich je geschwommen bin“, sagte Beck, für die es zu Beginn gar nicht gut gelaufen war. „Ich habe wieder die Gruppe verloren, musste wieder aufholen – also jedes Mal das gleiche Spiel“, sagte sie. Trotz der schwierigen äußeren Umstände stellte Beck fest: „Mir hat es tatsächlich Spaß gemacht.“

Rund 200 Meter vor dem Ende des Rennens setzte sich die gebürtige Augsburgerin an die Spitze und ließ sich die Führung nicht mehr nehmen. Mit 1,8 Sekunden Vorsprung auf Taddeucci schlug Beck am auf dem Wasser schaukelnden Anschlagbalken an.

Im Freiwasserschwimmen hat Beck ihre sportliche Heimat gefunden. Nachdem sich die Erfolge im Becken nicht wie gewünscht einstellten, entschied sie, sich nur auf die Rennen im See oder Meer zu konzentrieren. Ihren Lebensmittelpunkt verlegte Beck zuletzt nach Italien. Dort trainiert sie mit dem italienischen Team. Den Wettkampfort kennt Beck aus dem Alltag.

Auch deshalb und wegen der enthusiastischen Stimmung am Strand war der Sieg für die WM-Zweite sehr speziell. „Es ist schon ganz cool, wenn man auf die Leute zukommt“, sagte Beck. „Italien ist ja sehr sportbegeistert. Es freut mich zu sehen, dass doch etwas Interesse für den Sport da ist. Das würde ich mir auch wünschen für Deutschland.“

Auch wenn die EM vorbei ist, hat Beck keine Pause. „Ich fliege morgen nach Kanada und habe da noch einen Weltcup“, sagte sie. „Danach habe ich dann endlich Sommerpause.“

In Becks großem Rennen belegte Lea Boy, die bei der WM Silber über 25 Kilometer gewonnen hatte, den 13. Platz. Jeannette Spiwoks musste das Rennen aufgeben. Bei den Männern belegte Oliver Klemet als bester Deutscher den fünften Rang. Es siegte der Italiener Domenico Acerenza vor dem Franzosen Marc-Antoine Olivier und dessen Landsmann Logan Fontaine.

Nach Hempel-Vorwürfen: Beim DSV melden sich weitere Opfer

Nach den schweren Missbrauchsvorwürfen des früheren Wasserspringers Jan Hempel haben sich beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) weitere Opfer gemeldet. Bei der Beauftragten für Prävention sexualisierter Gewalt, Franka Weber, seien Meldungen „vieler Geschädigter und Opfer“ eingegangen, sagte DSV-Leistungssportdirektor Christian Hansmann am Sonntag am Rande der Schwimm-EM in Rom: „Es kommen täglich Fälle dazu.“

Der viermalige Europameister Hempel hatte in einer ARD-Dokumentation von jahrelangem sexuellen Missbrauch durch einen Trainer berichtet und dem DSV und Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow vorgeworfen, davon gewusst zu haben und nicht tätig geworden zu sein. Buschkow wurde daraufhin am vergangenen Donnerstag vom Verband freigestellt. „Natürlich sind die Vorwürfe sehr schwerwiegend“, sagte Hansmann, „das aufzuarbeiten, geht nicht von heute auf morgen.“

Der frühere Freiwasserschwimmer verwies auf erste Maßnahmen des DSV. „Wir arbeiten daran, dem vorzubeugen, damit es nicht wieder passiert“, sagte Hansmann, „wir sind dabei, die Trainerausbildung zu revolutionieren und das Thema sexualisierte Gewalt mit einzubringen - von der Landes- bis zur Bundesebene. Es muss eine verpflichtende Schulung für Mitarbeiter im DSV geben. Es gibt bereits einige Angebote, wir müssen es jetzt zur Pflicht machen.“ Zudem betonte er, dass der Verband mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den Athleten Deutschland bei diesem Thema zusammenarbeite. So werden gemeldete Fälle gemeinsam mit der Athletenvertretung bearbeitet.

Die Freistellung Buschkows während der EM in Rom habe die Sportler verunsichert. „Man hat gesehen, dass ein Knick durch die Mannschaft ging“, berichtete Hansmann, „viele haben Schwierigkeiten mit der Entscheidung und den Folgen gehabt. Man merkt, dass da ein Bruch in der Mannschaft war.“ Mögliche Konsequenzen durch die Politik, die die Förderung des Verbandes infrage stellen könnte, seien „natürlich zu befürchten“, meinte der Leistungssportdirektor. (sid)

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