Leichtathletik bei Olympia :
Schubsen und rempeln über 5000 Meter

Von Michael Reinsch, Paris
Lesezeit: 2 Min.
Alles gegeben im Kampf um die Goldmedaille: Am Ende gewinnt Beatrice Chebet (Mitte) aus Kenia über 5000 Meter.
Tumult auf der Bahn: Für das Gerangel mit einer Konkurrentin wird Faith Kipyegon nach dem Spurt zu Silber disqualifiziert. Unter Tränen verlässt sie das Stadion – und darf schließlich doch noch jubeln.

Sie hatte die Bahn noch nicht verlassen, da setzte ihr schon jemand ein Krönchen aufs blonde Haar: Keely Hodgkinson aus Manchester hat sich, nach Jahren der zweiten Plätze, bei den Olympischen Spielen von Paris zur Herrscherin der 800 Meter gekürt. Gelassen war sie nach dem Start an die Spitze gegangen, hatte die folgenden 600 Meter geführt und war nach dem Einbiegen auf die Zielgerade ohne Zeichen von Anstrengung mit einer Tempoverschärfung den anderen davongelaufen. Ein ungefährdeter Sieg in 1:56,72 Minuten vor Tsige Duguma aus Äthiopien (1:57,12) und Mary Moraa aus Kenia (1:57,42).

Kipyegon in Tränen

Wie anders dagegen die 5000 Meter der Frauen. Da gab sich das Ancien Régime in Person von Faith Kipyegon und Sifan Hassan nicht so leicht geschlagen. Trotz Bummeltempos von Gelassenheit keine Spur. Die Kenianerin Kipyegon, zweimal Olympiasiegerin über 1500 Meter, viermal Weltmeisterin auf Mittel- und Langstrecke sowie Weltrekordhalterin über 1500 Meter und die Meile, geriet bei einem Überholmanöver der gröberen Art mit der Äthiopierin Gudaf Tsegay aneinander, Weltmeisterin über 10.000 Meter und Weltrekordhalterin über 5000.

Die eine rempelte, die andere schubste, und am Ende disqualifizierte das Kampfgericht Kipyegon. Das aber wusste diese nicht, als sie mit ihrer Mannschaftskameradin Beatrice Chebet um die Goldmedaille spurtete und verlor (14:29,60 gegen 14:28,56). Vom Ende des Feldes war unterdessen Sifan Hassan nach vorn getrabt und spurtete auf Platz drei (14:30,61).

Erschöpft sanken die drei zu Boden und rollten glücklich herum. Dann erreichte sie das Verdikt der Jury. Kipyegon verließ das Stadion in Tränen. Eine Stunde später gab die Jury dem Protest der Kenianer nach, da war Kipyegon zwar immer noch der Olympia-Debütantin Chebet unterlegen, hatte aber immerhin ihre Silbermedaille zurück. Hassan war zufrieden mit Bronze. „Ich wollte die Silbermedaille nicht“, sagte sie: „Ich hatte sie nicht gewonnen.“ Von der Disqualifikation hielt sie gar nichts.

Die Olympiasiegerin von Tokio über 5000 und 10.000 Meter wird in Paris zusätzlich beim Marathon starten. „Ich will ausprobieren, wie sich das anfühlt, die 5000 und die 10.000 und den Marathon hintereinander zu laufen“, sagte sie und machte deutlich, dass ihr auf Platz drei kein Zacken aus der Krone fällt.

Dafür machte sie, die bei ihrem Debüt im Marathon in London 2023 zwar auf der Strecke die ein oder andere Gehpause einlegte, das Rennen aber doch gewann, ein überraschendes Geständnis. „Ganz ehrlich“, sagte sie: „Vor dem Marathon hier habe ich verdammt große Angst.“ Die 42,194 Kilometer vom Hôtel de Ville nach Versailles und zurück in die Innenstadt von Paris nehmen die Frauen am Sonntag in Angriff; das Rennen ist das Finale der leichtathletischen Wettbewerbe der Spiele 2024.

  翻译: