Kolumne Modeerscheinung : Pailletten ohne Party
Wer hätte das schon besser gekonnt? Nach Monaten der Abstinenz von Roter-Teppich-Bildern einen Auftritt wie diesen hinzulegen. Sonntag vergangener Woche, Lady Gaga war nach langer Zeit mal wieder live, anlässlich der MTV Video Music Awards in New York. Jene Veranstaltung, bei der sie vor genau zehn Jahren in einem Kleid aus rohem Rindfleisch auflief. In diesem Jahr nahm sie fünf Preise mit nach Hause, auch jenen als beste Künstlerin. Vorweg zeigte sie aber noch einmal ihre Fähigkeiten als Verwandlungskünstlerin. Masken – sehr zeitgemäß – waren ihr Thema. Keine schlichten Baumwolllappen, natürlich nicht. Im Laufe des Abends trug sie mehrere, eine mit Hörnern und eine wie einen Maulkorb in Pink. Und eine aus Pailletten.
Die Party-Requisite schlechthin
Endlich mal wieder Pailletten, die Party-Requisite schlechthin, die in den vergangenen Monaten ganz schön in Vergessenheit geraten war, da Party kein großes Thema mehr ist. Viel häufiger war hingegen die Rede von Leggings und Jogginghosen, von Zoom-Call-Mode, die auch auf dem kleinen Bildschirm vom Wohnzimmer aus für große Wirkung sorgen sollte. Es ging in solchen Momenten um markante Ohrringe, um leuchtenden Lippenstift. Der Ästhet Tom Ford riet in der „New York Times“, ein Blatt weißes Papier auf der Tischplatte sorge für einen strahlenderen Teint. Um Pailletten vor der Laptop-Kamera ging es eher nicht, diese winzigen Schuppen aus beschichtetem Kunststoff, die alles andere als umweltfreundlich sind und die, sollten sie irgendwo verwendet worden sein, hoffentlich auf Kleidungsstücken sitzen, welche möglichst lange Zeit getragen werden.
Lady Gaga, Miley Cyrus, wer noch?
Die aber gleichermaßen wunderbar schillern, um eine Botschaft zu übermitteln. So wie die bunten Dinger auf der Jacke von Kamala Harris, um die es am selben Abend ging, an dem neben Lady Gaga auch Miley Cyrus im Pailletten-Etwas zu sehen war. Zweimal schalteten die Demokraten während des Musikpreises nämlich Werbung, und es erschien in diesem Moment jenes Bild von Kamala Harris vom Juni vergangenen Jahres anlässlich der Pride-Parade in San Francisco. Harris, damals noch Bewerberin für die Präsidentenwahl, zum Auftritt thematisch passend in einer Jeansjacke von Levi’s in Regenbogenfarben mit Paillettenbesatz. Es ist noch gar nicht lange her, da sprach auch Michelle Obama anlässlich ihrer Buch-Promo auf Podien in Outfits, die schillerten, in Pailletteneinteilern und Paillettenstiefeln.
Lady Gaga, Miley Cyrus, Michelle Obama, Kamala Harris: Was man von diesen Frauen in Outfitfragen lernen kann? Vielleicht, dass es gar keine Party braucht für Pailletten. Und dass man sich mit einem Paillettenoberteil selbst in der Zoom-Videokonferenz kaum verstecken kann.
