Mehr als ein Lokalereignis :
Warum auch Designer aus Paris und Kiew nach Berlin kommen

Von Jennifer Wiebking, Berlin
Lesezeit: 2 Min.
Aus Kiew: Bobkovas ­Ernte-Kollektion mit einer Kette, die an getrocknete  Pflaumen erinnern soll.
Auf der Fashion Week blüht die Mode in Berlin selbst im Februar auf. Dafür sorgen auch Designer von anderswo, die hier eine Plattform bekommen. Die Kolumne „Modeerscheinung“.
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Ein Windbreaker wäre an diesem stürmischen Dienstag wohl das passende Teil für draußen. Drinnen, in den Räumlichkeiten der Szene-Agentur Reference Studios an der Potsdamer Straße, glitzern Strasssteine von den gepolsterten Schultern eines skulpturalen Blazers, Wolle und Federn sind rosa eingefärbt, und der Designer David Koma macht nicht allein mit der Kollektion an diesem Nachmittag Stimmung, sondern versichert beim Rundgang glaubwürdig, dass er Berlin selbst im Februar für einen der besten Orte der Welt hält. Berlin sei – „wohlfühlen“. Das muss man erst mal sacken lassen. „Das Grau, die Architektur, hier kann ich mich entspannen.“

David Koma, 1985 in Tiflis geboren, seit den Nullerjahren mit seinem Label in London beheimatet, ist zum ersten Mal mit seiner Arbeit in der Stadt, und er ist nicht der einzige Designer von anderswo, der in diesen Tagen zugegen ist. Die Berliner Modewoche ist im eigenen Land schon öfter mal beerdigt worden, doch sie lebt noch immer, und offenbar dringen die Unkenrufe aus Düsseldorf und München nicht bis London und Paris vor. In letzterer Stadt verantwortete die Deutsche Yolanda Zobel zuvor Courrèges; zum Debüt ihres Labels back2back, mit Design-Partner Marcelo Alcaide, ist sie nach Berlin gekommen.

Aus London: Strass und rosa Federn bei David Koma
Aus London: Strass und rosa Federn bei David KomaShirin Esione/David Koma

Da ist der umtriebige Gründer von Reference Studios, Mumi Haiati, der solche Leute hierherholt. Da ist auch der Fashion Council Germany (FCG), der seit Jahren hier und anderswo für Berlin wirbt und junge Labels unterstützt. Und da ist zudem der engagierte Berliner Staatssekretär Michael Biel (SPD), dessen Senatsverwaltung für Wirtschaft die Modewoche jährlich mit vier Millionen Euro fördert. Die Mehrheit der dafür ausgewählten Labels mag von hier kommen und soll auch hier weiterwachsen. Malaikaraiss, Rianna + Nina, William Fan haben schon bewiesen, dass man sich von Berlin aus sehr gut bemerkbar machen kann.

Neben den Entwürfen von Modemachern aus London und Paris ist in dieser Woche auch Mode von vier ukrainischen Labels zu sehen. „Wir arbeiten im Zentrum von Kiew“, sagt die Designerin Kristina Bobkova nach ihrer Schau. „Raketenalarm gehört zu unserem Alltag. Aber wir wollen auch im Krieg Kunst machen, und wir müssen arbeiten.“ Mit ihrer Mode will Bobkova die Landschaft aus der Vogelperspektive zeigen. Loser Strick soll an den Blick auf ukrainische Getreidefelder erinnern, Ketten an getrocknete Pflaumen. Ihr Stichwort für die Kollektion lautet: Ernte. Für modeunternehmerische Hoffnungen ist das überhaupt eine schöne Metapher.

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