Sie spricht nicht von zehn Jahren, sondern von einem Jahrzehnt. Klar ist Victoria Beckham stolz auf das Jubiläum ihres Modelabels. Mit zehn Kleidern ging es damals los. Es waren Stücke, die sie selbst gerne tragen wollte. Darum ging es auch fortan. Diese Frau hat eine Marke aufgebaut, indem sie sich radikal selbst vermarktete, als Mutter, als Ehefrau, als Unternehmerin. Die Jubiläumskollektion ist entsprechend größer als diese erste. Statt Kleidern sind da jetzt viel mehr Blazer, weite und schmale geschlitzte Hosen. Natürlich trägt Victoria Beckham die selbst. Die Reisenden in Shorts und T-Shirt, auf diesem Bild im Hintergrund, checken wirklich ein – für den Flug um 21.25 Uhr nach Catania. Oder für den um 21.40 Uhr nach Neapel. Die Menschen im Vordergrund sind hingegen gebucht auf EA 02018, von Mailand Linate nach – Mailand. Emporio Armani zeigt nämlich nicht wie sonst im eigenen teatro, sondern tatsächlich in einem Hangar am Flughafen. Weil, tja, weil er Giorgio Armani ist und auch den Teil eines Flughafens mieten kann. Immerhin, er legt ihn nicht lahm. Nach dem Check-in, nach der Sicherheitskontrolle geht es für die Modeleute über die Gangway in die Halle zur Schau. Während sein signature look, sein Lebenswerk, hier die ganz große Bühne bekommt, starten und landen nebenan noch Flieger. Dann bricht Teil zwei dieses Unterhaltungsprogramms an, mit „Let me entertain you“. Es tritt hier auf: Robbie Williams. Weil, tja, weil Giorgio Armani ihn buchen kann. Burberry will jeden wissen lassen, dass nach 17 Jahren unter Christopher Bailey eine neue Ära anbricht. Neben dem Debüt von Hedi Slimane bei Celine kommenden Freitag ist die erste Schau von Riccardo Tisci bei diesem Traditionshaus das wichtigste Ereignis des Modemonats. In den großen Städten der Welt kann man das neue Logo schon jetzt kaum übersehen, auf Wolkenkratzern, Bussen. Schaufenster sind damit verklebt. Am frühen Montagabend ist dann klar: In der allgemein stark auf Millennials fixierten Mode handelt es sich hier um eine Mehr-Generationen-Geschichte. Die Jacken mit Sex-Pistols-Referenzen und das klassische Karo in ein und derselben Kollektion sind die große Überraschung dieses Designers. Es gehe nicht nur um die Töchter und Söhne, sondern auch um Mütter und Väter, sagt Tisci nach der Schau. Das Model Natalia Vodianova (Bild) ist insofern ein gutes Beispiel. Sie ist Mutter von fünf Kindern. Inclusione. Progetto. Famiglia. Caldo. Armonia. Vita. Herno. Auf so eine Idee können eigentlich nur Italiener kommen. Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres bat der Chef der Jackenmarke Herno, Claudio Marenzi, seine Mitarbeiter, das Wort, das sie mit ihrem Arbeitgeber verbinden, anonym zu notieren und den Zettel in eine Box zu werfen. Das siebzigste Jubiläum stand vor der Tür, und die Aktion sollte Teil der Feierlichkeiten sein. Denn aus dem Feedback der Mitarbeiter ist jetzt das Muster für einen Trenchcoat geworden, der ab Ende Oktober erhältlich ist. Es sind übrigens nicht ausschließlich Herzensworte wie Harmonie, Wärme oder Familie. Aus der Poststelle steuerte jemand „bauletto“ bei – Kiste. Sie brachte Harvey Weinstein zu Fall und „#Me Too“ ins Rollen. Und dann steht Rose McGowan (links) an einem Sonntagnachmittag barfuß in einem Kellertheater in der Nähe der Baker Street und streckt einen hochhackigen Stiefel hoch. Der Schuhdesigner Nicholas Kirkwood (Mitte) spielt an diesem Tag einen Angriff auf die kreative Welt durch, ein dystopisches Szenario, und nicht nur das Star-Model Winnie Harlow (rechts) ist Teil des Castings. „Solche Geschichten sage ich normalerweise ab, aber hier war ich sofort dabei. Das hat für mich Sinn gemacht“, sagt McGowan später Backstage. „Wir haben als freie Gesellschaft so viel Macht, also müssen wir sie auch nutzen und uns austauschen. Das hier ist Kunst. Und es ist echt.“. Jahre später ein Haus zu übernehmen, das mal für einen ganz bestimmten Look einer ganz bestimmten Ära stand, ist keine einfache Aufgabe. Umso bemerkenswerter, wie Lucie und Luke Meier bei Jil Sander Fuß gefasst haben, und die Zeit könnte tatsächlich auf ihrer Seite sein. Das Ehepaar, nun in seiner dritten Saison als Chefdesigner-Duo, spielt die Stärke des Hauses jedenfalls aus: den Minimalismus. Damit begann hier ja alles, lange bevor Phoebe Philo sich dessen bei Celine angenommen hatte. Die hat die Marke jetzt verlassen, das Thema ist gewissermaßen frei. Lucie und Luke Meier kommen mit ihren schlicht spannenden Entwürfen also gerade recht.