New Yorker Stilikone : Iris Apfels Nachlass wird versteigert
Über New York sagte Iris Apfel einmal, die Stadt habe sie zu einem „geriatrischen Starlet“ gemacht. Tatsächlich wurde die Modeikone, die im März letzten Jahres im Alter von 102 starb, erst mit Mitte 80 zur Berühmtheit. Der Durchbruch kam überraschend, als das Kostüminstitut des Metropolitan Museum of Art 2005 Apfels Modesammlung ausstellte. Eigentlich war die Schau „Rara Avis“ nur als Lückenfüller gedacht. Doch der Erfolg war groß, die Ausstellung tourte und Apfels eklektischer Stil – gern trug sie riesige, federnde Capes in den Farben eines Kanarienvogels und übergroße Sonnenbrillen – machte sie zum Star. Nicht unbedingt über Nacht, für ihr hohes Alter aber doch sehr schnell; fast, als wollte die Modewelt aufholen, dass man diese Erscheinung so lange übersehen hatte. Es folgten: ein Modelvertrag bei der Agentur IMG Models, die auch Kate Moss vertritt, eine eigene Barbie und eine Kollektion für H&M. Dabei blickte die 1921 im New Yorker Stadtteil Queens geborene Apfel bereits auf eine lange Karriere zurück: 1951 gründete sie zusammen mit ihrem Mann Carl das Textilunternehmen „Old World Weavers“. Als Dekorateurin berieten sie und ihr Mann insgesamt neun US-Präsidenten bei der Einrichtung des Weißen Hauses.
„Je dramatischer, desto besser“
„Als selbsternannter ‚seltener Vogel‘ fühlte sich Iris oft von federbesetzten Looks angezogen – je dramatischer, desto besser“, sagt Nathalie Ferneau, die den Sale bei Christie’s verantwortet. „Es fällt mir sehr schwer, nur ein einziges Highlight aus dieser Auktion auszuwählen. Aber der extravagante Dior-Haute-Couture-Federmantel ist kaum zu übertreffen. Die Jacke ist eines von vielen Couture-Stücken, die elegant sind – aber trotzdem zu Iris Apfels unverwechselbarem Joie de Vivre passen.“
Im Gesicht trug die Dame mit den weißen, kurzen Haaren stets eine große Eulenbrille; ein Markenzeichen, das zu ihr gehörte wie die dunkle Sonnenbrille zur Vogue-Chefin Anna Wintour. Auktioniert werden folglich auch Sehgestelle (teils mit Stärke), darunter Apfels eigene Kollektion für Zenni sowie Vintage-Sonnenbrillen von Christian Dior oder Emilio Pucci. Es sind Statement-Pieces mit markanten Rahmen, die in starkem Kontrast zu den schmalen Brillen der Neunzigerjahre stehen, die gerade in der Mode eine Renaissance erleben. Allerdings hat sich Iris Apfel sowieso nie sonderlich interessiert, was die Mode gerade vorgab. Tatsächlich sind die Farben und Formen ihrer Garderobe ausnahmslos ausdrucksstark, Pastellfarben findet man selten. Die nämlich machten Iris Apfel, geboren 1921 im New Yorker Stadtteil Queens, nervös, wie man in ihrer posthum veröffentlichten Autobiografie „Colorful. Welche Farbe hat das Glück?“ erfährt.
Während Iris Apfel von der Öffentlichkeit für ihre Outfits zelebriert wurde, beweist auch ein Blick in ihr einstiges Zuhause, dass ihr größtes Talent darin lag, Dinge zu vereinen, die auf den ersten Blick nie zusammenzupassen schienen: Apfel sammelte Vintage-Möbel und antike Vasen, kombinierte diese mit Tole-Peinte-Blümchen und Hundeporträts (zur Auktion steht etwa das Ölgemälde eines Maltesers) und bronzenen Leuchten, auf denen kleine Papageien sitzen. Ein Kermit-der-Frosch-Plüschtier, das auf der Holzskulptur eines Straußes thront und das zugleich als versteckte Bar diente, wurde von Apfel in Auftrag gegeben und bezeugt den Humor, den man ihr nachsagte.
In ihrem 2018 erschienenen Buch „Accidental Icon“ schrieb Apfel einst: „Die meisten Leute schwimmen am liebsten mit dem Strom; das ist einfacher. Aber es ist nicht so interessant.“ Iris Apfel wurde berühmt, nachdem ihre Kleidung im Museum ausgestellt wurde. Sie selbst aber war der beste Beweis, dass Mode geliebt, getragen und gelebt werden will. Und dass man sich nur für eine einzige Person anzieht: sich selbst.