Speyer, Worms und Mainz :
Welterbe-Titel verpflichtet

Markus Schug
Ein Kommentar von Markus Schug
Lesezeit: 2 Min.
Geschichtsträchtig: Der Alte jüdische Friedhof in Mainz gilt zusammen mit dem Heiligen Sand in Worms als älteste jüdische Ruhestätte Europas.
Speyer, Worms und Mainz haben es auf die UNESCO-Welterbeliste geschafft. Bei aller Freude darüber bleibt festzuhalten, dass so ein Titel auch Verpflichtung ist. Und es gibt Nachholbedarf etwa in Mainz.
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Bei aller Freude darüber, dass es die einstigen SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz als Wiege des europäischen Judentums verdientermaßen auf die UNESCO-Welterbeliste geschafft haben, bleibt festzuhalten, dass so ein Titel auch Verpflichtung ist – und viel Arbeit macht.

Dabei sollte die Auszeichnung für den im Mittelalter geschaffenen und seinerzeit weithin geachteten Gemeindeverbund, der seit dem 12. Jahrhundert häufig gar als „Jerusalem am Rhein“ bezeichnet wurde, längst nicht nur als Auftrag verstanden werden, die heiligen Steine und Stätten zu pflegen.

Vielmehr haben FDP und SPD in Mainz am Mittwoch unabhängig voneinander dazu aufgerufen, sich fortan stärker als bisher gegen Antisemitismus einzusetzen und das aktive jüdische Leben in der Stadt sichtbar zu machen.

Dazu passend positionierte sich Bischof Peter Kohlgraf in einem Glückwunsch-Schreiben via Facebook: „Die Gläubigen aus dem Judentum haben unsere Kultur geprägt und sie gehören auch heute zu uns.“ In Mainz konnte der Dreiklang aus Dom, evangelischer Christuskirche und jüdischer Synagoge, die von den Nationalsozialisten niedergebrannt und zerstört worden war, erst viele Jahrzehnte nach Kriegsende wieder hergestellt werden.

Seit 2010 verfügt die zuletzt stark gewachsene jüdische Gemeinde über ein architektonisch herausragendes Gotteshaus in der Neustadt. Und man tut dort alles, um sich mit vielfältigen Veranstaltungen wieder mehr Gehör in der Stadtgesellschaft zu verschaffen. Mit dem mittelalterlichen Erbe hat der Neubau des Architekten Manuel Herz allerdings wenig bis nichts zu tun.

Für die Welterbestätte braucht es jetzt ein anderes Konzept

Der 1000 Jahre alte jüdische Friedhof an der Mombacher Straße lag dagegen lange im Verborgenen. Wohl nicht zuletzt deshalb, um die Grabsteine vorsorglich vor Vandalismus und Zerstörung zu schützten. Für die frisch ausgezeichnete Welterbestätte braucht es jetzt ein anderes Konzept, um den heiligen Ort zumindest zeit- und teilweise für Besucher öffnen zu können.

Derzeit jedenfalls muss noch kein Tourist nach Mainz reisen, der sich den Denkmalfriedhof oder das Grab des einst berühmten Gelehrten Gerschom ben Jehuda anschauen möchte. Pläne für eine angemessene Umgestaltung des Geländes und einen zusätzlich zu errichtenden Besucherpavillon liegen zwar vor. Dass mit der Arbeit allerdings erst Ende 2022 begonnen werden soll, ist ärgerlich. Schließlich war die Anerkennung als Welterbe, um die sich Stadt und Land seit 15 Jahren bemühen, schon länger absehbar. Einfach so vom Himmel gefallen ist sie jedenfalls nicht.

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