Spiel mit Licht und Schatten : Die Lust am Trugbild
Phantasmagorie lebt von der Illusion. Mit Glas und Spiegel entstehen dabei Trugbilder, die einen gewissen Zauber zu wecken vermögen. Das Frankfurter MMK-Zollamt zeigt jetzt moderne Varaitionen von Jeronimo Voss.
Die Phantasmagorie gehört zur Vorgeschichte des Kinos. Wie dieses lebt sie von Licht und Schatten sowie der Illusion. Der 1763 in Lüttich geborene Maler, Physiker und Schausteller Étienne-Gaspard Robertson hat den Begriff der „Phantasmagoria“ im ausgehenden 18. Jahrhundert für seine Shows benutzt, in denen er die Toten der Französischen Revolution auferstehen ließ: Er projizierte mittels Glasbildern und der Camera-obscura-Technik die Bilder von Marat, Robbespierre oder Danton auf Rauch und Tücher, arbeitete mit Spiegeln und Gläsern. Die Revolutionäre kehrten als Geister und Gespenster zurück, das Publikum war entsetzt und fasziniert, die Mechanismen der Erscheinungen blieben verborgen. Es sollte alles wie die reine Magie wirken.
Jeronimo Voss beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit diesem weithin in Vergessenheit geratenen Medium, mit seinen Techniken, seinen historischen Zusammenhängen, darüber hinaus aber auch mit dem allgemeinen Begriff des Phantasmagorischen. Es geht um Trugbilder und ihre Herstellung, um den Zauber, den sie ausüben, und um die Apparaturen, die ihn ermöglichen. Im Zollamt, der Ausstellungsdependance des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, ist gestern Abend die Schau „Phantasmagorical Horizon“ mit drei Video-Installationen des auf der vorigen Documenta vertretenen Städelschul-Absolventen eröffnet worden. Die Arbeit mit dem Titel „Die Ewigkeit durch die Sterne“, die in Kassel zu sehen war, ist in Frankfurt in der „endgültigen Fassung“ zu besichtigen, wie der Künstler sagt. Auf die Innenfläche einer großen Halbkugel werden bewegte Bilder der Pariser Kommune zusammen mit Ansichten von Himmelkörpern gezeigt.
Zukunftsvisionen für Frankfurt
Das Werk bezieht sich auf das Commune-Mitglied Louis-Auguste Blanqui, der einen Begriff von der Ewigkeit als eines unendlichen kosmischen Möglichkeitsraums entwickelt hat. Die Revolution der Gestirne und die politische Umwälzung werden in eine unmittelbare Verbindung gebracht. Voss nimmt die Idee der Phantasmagorie inhaltlich wie formal-technisch auf. Auch er lässt sich nicht in die Karten schauen: Die flimmernden Bilder von „Phantascope (In Dependent Gravity)“ scheinen zunächst auf einer rasch ablaufenden Diaprojektion zu beruhen, tatsächlich aber wirkt auch noch ein digitaler Beamer mit. Die Zukunftsprojektion der Frankfurter Altstadt wird in dieser Arbeit unter anderem zum Thema. Auch mit statischen Arbeiten geht der junge Künstler seinem schillernden Sujet auf die Spur, einige Wandobjekte sind in der Schau zu sehen. Sein jüngstes Video „Phantasmagorical Horizon“ zeugt von ausgiebigen Recherchen des Ponto-Stipendiaten in fernen Weltgegenden. Eine verzaubernde Schau, in der das Sein dem Schein das Feld überlässt.