Chronik zur Fußball-WM 1974 :
Das erste Loch in der Mauer der DDR

Von
Christian Eichler
Lesezeit:
Nur augenscheinlich fremde Hilfe beim Schutz des Sozialismus: Jairzinho macht den Weg frei, Rivelino schießt, DDR-Torhüter Jürgen Croy hat keine Chance.

Die WM 1974 ist ein Turnier mit zahlreichen behämmerten Weitschüssen: mit viel Kraft und wenig Kontrolle auf die Tribüne, Richtung Eckfahne oder genau auf den Torwart. Dann haben die Brasilianer eine Idee.

Im EM-Jahr 2024 sind Weitschüsse wieder in Mode. In den vergangenen Jahren war es ja so selten zu sehen, dass mal einer „draufhielt“ aus 25 Metern oder mehr, dass der übliche TV-Kommentar stets lautete: „Warum denn auch nicht?“ Als müsse man den Schützen in Schutz nehmen.

Im WM-Jahr 1974 ist das noch anders. Damals muss man eher alle anderen in Schutz nehmen als den Schützen – alle, die in Reichweite stehen. Es ist, bei heutiger Anschauung, eine WM mit unfassbar vielen behämmerten Weitschüssen. Fast alle mit viel Kraft und wenig Kontrolle irgendwohin geballert, auf die Tribüne, Richtung Eckfahne oder genau auf den Torwart. Dutzende in fast jedem Spiel.

Ein Spaß für Sepp Maier

Am zweiten Spieltag der Zwischenrunde etwa feuert der Schwede Ove Grahn einen Freistoß aus knapp vierzig Metern über die weit vor dem Strafraum postierte deutsche Mauer direkt aufs Tor, ein Spaß für Sepp Maier. Auch Franz Beckenbauer probiert es gleich zwei Mal mit Schüssen aus rund dreißig Metern. Einmal genau auf den Torwart, einmal in die Mitte zwischen Tor und Eckfahne. Zum Glück steht dort niemand.

Aber es gibt sie, die große Ausnahme: Paul Breitner. Gegen Chile traf er per Weitschuss, und dann eröffnet er mit einem Knaller aus rund 25 Metern gegen Jugoslawien die zweite, die bessere Hälfte dieser WM, den deutschen Weg zum Titel. Dann beantwortet Gerd Müller im Liegen mit dem 2:0 die Frage der „Bild“-Zeitung aus der Vorwoche, wer denn bitte in dieser Elf Tore schießen solle? „Gerd Müller mit Sicherheit nicht“, so die Zeitung. Müllers Antwort: mit Sicherheit doch. Die auf vier Positionen umformierte Mannschaft begeistert das Publikum in Düsseldorf mit Kampf und Leidenschaft. Und diesmal scheint sogar die Sonne.

Unterdessen reicht den Brasilianern, dem enttäuschenden Titelverteidiger, gegen die DDR ihr einziger lichter Moment dieser WM zum Sieg. Rivelino und Jairzinho, letzte Verbliebene der unvergleichlichen „Selecão“ von 1970, haben sich etwas ausgedacht. Die DDR-Spieler wundern sich noch, dass Jairzinho sich zu ihnen in die Freistoßmauer gesellt. Angenehm überrascht von der fremden Hilfe beim Schutz des Sozialismus machen sie Platz. Und staunen, als Rivelino den Ball exakt durch die schmale Stelle, an der gerade noch Jairzinho stand, ins Netz wuchtet. Dieses „ziemlich dumme Tor“ wurmt Torwart Jürgen Croy noch heute. So wurde Rivelino der erste, der das Loch in der DDR-Mauer fand.

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