Wiedergewählter FIFA-Präsident : Infantino spricht die Sprache des Geldes

Ohne Gegenkandidat wird der FIFA-Präsident in Ruanda per Akklamation in seinem Amt bestätigt. Die wenigen Kritiker aus Deutschland und Skandinavien hatten nichts zu melden.
Ruanda hat Gianni Infantino ein Erweckungserlebnis verschafft. 2015 haderte er angeblich mit sich, ob er wirklich Präsident des Internationalen Fußball-Verbandes (FIFA) werden wolle. Ein Besuch am Mahnmal für den Genozid in Ruanda habe ihn dann sicher gemacht: „Was dieses Land gelitten hat, wie es zurückgekommen ist, hat mich inspiriert“, sagte er am Donnerstag auf dem FIFA-Kongress in Ruandas Hauptstadt Kigali.
Krude Vergleiche liegen dem 52 Jahre alten Fußballfunktionär. Vor der Eröffnung der Weltmeisterschaft 2022 in Qatar hatte er als FIFA-Präsident seine Empathie vorgetragen: „Heute fühle ich mich wie ein Afrikaner, wie ein Schwuler, wie ein Behinderter.“ Diese Fähigkeit begründete der im Wallis geborene Sohn italienischer Einwanderer mit seiner Lebenserfahrung, als „rothaariger“ Bub diskriminiert worden zu sein.
„Ich liebe euch alle“
Am Donnerstag stimmten die Delegierten der FIFA in Kigali für die Verlängerung der Amtszeit Infantinos bis ins Frühjahr 2027 – per Akklamation. „Ich liebe euch alle“, rief Infantino, seine Generalsekretärin antwortete im Stile einer Chorleiterin: „Wir lieben dich, Präsident.“ Nicht alle.
Der Deutsche Fußball-Bund, der schwedische und der norwegische Verband singen das Lied nicht mit. Sie verweigerten Infantino eine „aktive Unterstützung“, haben als Minderheit aber nichts zu melden. Mit einem Lächeln quittierte Infantino das Scheitern des Binden-Protests während der WM in Qatar, als eine vermeintliche Allianz europäischer Länder sich nicht auf ein einheitliches Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen im Emirat einigen konnte.
Den Juristen Infantino interessieren Machtverhältnisse mehr als Lebensbedingungen. Er spricht, so heißt es, sechs Sprachen, darunter Arabisch, und versteht zusätzlich eine brillant: die des Geldes. Unter seiner Führung nimmt die FIFA Milliarden Euro ein, die er überwiegend unter den 211 Mitgliedsverbänden verteilen lässt. Das Mitsprachesystem, „ein Land, ein Stimme“, sichert ihm Zustimmung, solange dieser Strom nicht versiegt.
Um Details scheint sich die große Mehrheit nicht zu scheren. Etwa um Infantinos Verhältnis zur Wahrheit, wenn er über Flugreisen um Auskunft gebeten wird. Ehrliche Antworten könnten klären, ob er seinerzeit bei der Justiz der USA vorsprach, als die gegen die FIFA vorging. Unter seiner Ägide erhielten unter anderem die Nordamerikaner die WM 2026.
Infantino, Vater von vier Kindern, leiten wenigstens zwei Ziele: Er will die „Menschen vereinen“ und mit mehr Spielen mehr Geld erwirtschaften. Egal wo und mit wem. Putins Freundschaft (Orden 2019) ist ihm sicher. Die von Saudi-Arabien noch nicht: Auf öffentlichen Druck hin beendete die FIFA Verhandlungen über ein Sponsoring der Frauen-WM im Sommer.