Extremsport in der Stadt : Der wahre Mount Everest

673 Menschen standen im vergangenen Jahr auf dem höchsten Berg der Welt. Wer richtig angeben will, sollte deshalb lieber nach New York reisen. Dort gibt es ein Rennen, das erst 52 Leute geschafft haben. Eine Glosse.
Im vergangenen Jahr standen 673 Menschen auf dem Gipfel des Mount Everest. Viele sind hochgeklettert, hochgestiegen, viele hat man hinaufgeschleppt. Statistisch kommt dort mittlerweile auf 1,7 „Bergsteiger“ ein Bergführer. Betreutes Klettern zu einem Preis, für den man sich zuhause einen Porsche kaufen könnte. Aber der bringt ja nichts im Himalaya. Noch kann man den Mount Everest nicht im Sportwagen hochbrettern, soweit sind sie noch nicht, die Anbieter der All-Inklusivreisen mit garantiertem Gipfelsturm.
Aber wer heute den größtmöglichen Superlativ sucht, der kann mit einem Gipfelfoto vom höchsten Berg der Welt in gewissen Sportlerkreisen noch immer Eindruck schinden. Du hast einen Ironman gefinisht? Ach, macht ja mittlerweile jeder, weißt du, ich komme gerade vom Everest, war echt super. Ja, so sind sie, die Everest-Bezwinger mit ihren beheizbaren Socken, Satellitentelefonen und Rettungshubschraubern. Für Sie und alle anderen, die mal ein bisschen Bewegung suchen und ein Event, das exklusiver ist als eine Pauschalreise auf den Everest, an dieser Stelle ein Tipp von meiner Seite.
Wie wär’s mit einem Start beim Self Transcendence Race in New York City?
Dieses Jahr wird’s allerdings nicht mehr klappen, das Rennen ist in vollem Gange. Am vergangenen Sonntag war Tag 40. Der Straßenlauf, seit 1995 veranstaltet vom spirituell angehauchten Sri Chinmoy Marathon Team, führt über 3100 Meilen, also 4988 Kilometer. Er findet im Stadtteil Queens um einen Häuserblock herum statt. Eine Runde ist 883 Meter lang, so dass alle, die das Rennen erfolgreich beenden wollen, die Häuserrunde 5649 Mal laufen müssen.
Dafür haben sie 52 Tage Zeit, was bedeutet, dass sie jeden Tag mindestens 96 Kilometer hinter sich bringen müssen. Dann haben sie nach 52 Tagen etwas mehr als 118 Marathons und somit die geforderten 4988 Kilometer zurückgelegt. Wem nach 52 Tagen noch ein paar hundert oder tausend Kilometer zu den 4988 fehlen, hat es leider nicht geschafft. Gelaufen werden darf jeweils von sechs Uhr morgens bis Mitternacht. Für Verpflegung und Schlafmöglichkeiten ist gesorgt.
Die Sieger des vergangenen Jahres, der Italiener Andrea Marcato und die Neuseeländerin Susan Marshall, brauchten 43 Tage und vier Stunden beziehungsweise 50 Tage und 16 Stunden. Die New York Times hat das Self Transcendence Race den „Mount Everest der Ultraläufe“ genannt. Der Vergleich hinkt etwas. Während im vergangenen Jahr 673 Menschen den Gipfel des Everest bevölkerten, haben in 27 Jahren nur 52 Athleten und Athletinnen das Ziel des 3100-Meilen-Laufes erreicht. Sie sehen: Die wahre Herausforderung, den wahren Everest findet man nicht im Himalaya. Sondern in Queens.