Darmstadt 98 in Liga zwei : Nicht mehr als eine Trendumkehr

Wird aus Darmstadt 98 noch ein Aufstiegskandidat für die Fußball-Bundesliga? In dieser Form: ja! Doch noch steht die Prüfung aus, wie belastbar der Aufschwung ist. Es ist Vorsicht geboten.
Am vierten Spieltag dieser Fußballsaison präsentierten sich die Spieler von Darmstadt 98 wie Absteiger. Nicht wie die Absteiger aus der Bundesliga, die sie sind, sondern wie baldige Absteiger in die dritte Liga. Beim 0:4 in Elversberg wirkte das Team so überfordert, dass Trainer Torsten Lieberknecht zurücktrat. Er glaubte nicht mehr daran, beim damals Vorletzten noch etwas bewegen zu können.
Unter seinem Nachfolger Florian Kohfeldt spielt dieselbe Darmstädter Mannschaft wie ein Zweitligameister. 15 Punkte in acht Spielen und eine Tordifferenz von +11 – hätte die Saison am fünften Spieltag begonnen, die „Lilien“ stünden auf Platz eins.
Gegen Hertha BSC gewannen sie abgeklärt wie ein Spitzenteam: Eine halbe Stunde lang liefen sie den Berlinern hinterher und hätten höher als 0:1 zurückliegen können. Dann aber bekamen sie das Spiel in den Griff, hatten beim Ausgleich das nötige Glück und schafften in ihrer stärksten Phase in der zweiten Halbzeit, was die Herthaner zuvor versäumt hatten: Sie schossen ein zweites und drittes Tor.
Kohfeldt macht seinen Job hervorragend, das darf man nach zwei Monaten konstatieren. Seine Spieler treten so selbstsicher auf, als hätten sie den vermurksten Saisonbeginn gar nicht mitverantwortet. Wie weggeblasen scheint das Trübsal des vergangenen Jahres.
Kein geringeres Lob gebührt Sportdirektor Paul Fernie, der bei der Wahl des Trainers goldrichtig lag. Kohfeldts Vorstellungen passen perfekt zu der Mannschaft, die Fernie vorher zusammengestellt hat. Das Ergebnis: Reihenweise Zugänge sind jetzt schon Spitzenkräfte.
In der echten, nicht der Trendtabelle, haben sich die Darmstädter inzwischen auf Rang zwölf vorgearbeitet, fünf Punkte vor dem Platz zur Abstiegsrelegation, fünf Punkte hinter dem zur Aufstiegsrelegation. Wird Darmstadt also noch zum Aufstiegskandidaten? In dieser Form: Ja!
Muss deshalb auch das vor Kurzem noch intern formulierte Saisonziel, auf Platz zwölf zu landen, korrigiert werden? Ganz klar: Nein! Es ist Vorsicht geboten. Noch steht die Prüfung aus, wie belastbar der Aufschwung ist. Stecken Mannschaft und Trainer eine deutliche Niederlage weg? Halten sie Kurs, wenn sie einige Spiele nicht gewinnen?
In der ausgeglichenen zweiten Liga müssen auch die Kohfeldt-Darmstädter mit solchen Rückschlägen rechnen. Das Spiel gegen Hertha hätte so ein Dämpfer sein können. Gut möglich, dass die 98er gegen ersatzgeschwächte Berliner verloren hätten, wenn die eine ihrer Chancen zum 2:0 genutzt hätten. Oder wenn das Berliner 2:1 kurz nach der Pause nicht wegen Handspiels aberkannt worden wäre.
Das wäre Warnung genug, wenn Fernie und Kohfeldt eine bräuchten. Doch die beiden wissen genau: Die Trendumkehr haben sie geschafft. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.