Designer Omer Arbel und Bocci : Der Mann, der Blitze vom Himmel holt
Neuerdings fängt Omer Arbel Blitze: Der kanadische Designer lässt während eines Gewitters Speere an einem langen Kabel in den Himmel schießen. Schlägt tatsächlich der Blitz in den Köder ein, elektrische Energie fließt durch das Kabel zur Erde. In einen vorbereiteten Behälter befindet sich dort ein Gemisch aus mineralischen und metallischen Pulvern, das vom Blitz zu bizarren Gebilden verschmolzen wird. „Der Blitz hinterlässt seine Unterschrift“, sagt Arbel.
Was sich ein wenig wie das Experiment eines verschrobenen Professors anhört, ist typisch für den Architekten und Mitgründer der Leuchtenmarke Bocci aus Vancouver. Omer Arbel spannt die Kräfte der Natur ein, um Objekte und Leuchten aus Glas, Metall oder auch Wachs zu entwerfen. So wie bei der neuen Pendelleuchten-Kollektion „100“, die Bocci zum Salone del Mobile 2021 in Mailand vorstellt.
Um die Leuchtenkörper zu produzieren, nehmen in der Werkstatt des Unternehmens mehrere Glasmacher gleichzeitig eine Glasblase mit ihrer Pfeife auf und schlagen sie gegeneinander. Die glühend heißen Blasen verschmelzen dabei zu einem unregelmäßigen Cluster: Einem Unikat, das jedes Mal ein wenig anders aussieht. Im erkalteten Zustand werden die Cluster noch aufgeschnitten, sandgestrahlt und mit LED-Leuchtmitteln versehen.
„Ich entwerfe den Prozess, nicht die Form“, sagt Omer Arbel über seine Methode. Mit seinem Team probiert er so lange bestimmte Herstellungsverfahren und Materialien aus, bis das Ergebnis überzeugt. Und das kann dauern: Bei der neuen Pendelleuchte ganze zwölf Jahre von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt.
Was Arbels Arbeit von vielen anderen experimentellen, prozessbasierten Ansätzen in der Designbranche unterscheidet: Es ist ihm mit Bocci gelungen, ein international erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und Leuchtenunikate in größerer Stückzahl herzustellen – ohne, dass die einzelnen Stücke den Reiz des Handgemachten einbüßen. Und dafür holt er sogar Blitze vom Himmel.