Soziale Systeme :
Die Sehnsucht nach dem Sündenbock

Von André Kieserling
Lesezeit: 3 Min.
Schreiender Blödsinn: Unter dem Mob, der am 6. Januar 2021 das Capitol stürmte, waren auch Anhänger von „QAnon“, einer der bizarrsten Verschwörungstheorien der letzten Jahrzehnte.
Wie sich Verschwörungstheorien als eine Folge der Versachlichung der Gesellschaftstheorien auffassen lassen.
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Der Soziologe Norbert Elias hat einmal gefragt, was die Sozialwissenschaften von den Naturwissenschaften lernen können. Deren besondere Leistungsfähigkeit führt er darauf zurück, dass sie ihren Gegenstand erfassen können, ohne auf Begriffe wie Absicht oder Vorsatz, Zweck oder Mittel zurückzugreifen. Dieser Verzicht auf Handlungstheorie reicht von der frühneuzeitlichen Kritik an den Zweckursachen bis zur Ablösung der Schöpfungslehre durch die biologische Evolutionstheorie. Elias zufolge hat er ein Doppelgesicht: Naturvorgänge büßen die Eigenschaft von Handlungen ein, dankespflichtig oder vorwerfbar zu sein, aber dafür kann man sie nun desto besser kontrollieren. Der Erntedank verliert seinen Adressaten, aber zum Ausgleich dafür gibt es nun Kunstdünger.

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