FAZ+Sprachwandel :
Geht das Deutsche unter?

Lesezeit: 4 Min.
Manchmal hat man schon den Eindruck! Denglisch im Alltag.
Die Zukunft unserer Sprache unter der Weltherrschaft des Englischen: Ein Gespräch mit dem Linguisten Martin Haspelmath über Sprache als Prestigefaktor und den Einfluss von KI.
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Herr Haspelmath, Sie arbeiten am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, einem internationalen Forschungsinstitut. Wie oft sprechen Sie noch Deutsch im Arbeitsalltag?

Wir sind meistens englischsprachig unterwegs, nur mit deutschen Kollegen sprechen wir noch Deutsch. Sobald wir Besprechungen halten, schalten wir auf Englisch um. Das läuft völlig automatisiert, auch außerhalb des Arbeitsalltags.

Man kann bei Ihnen also arbeiten, ohne Deutsch zu sprechen.

Ja, das Deutsche ist nur noch relevant, wenn es um bestimmte Formulierungen in den Arbeitsverträgen geht, sonst ist bei Max Planck die Verwaltung sehr international ausgerichtet.

Spricht Russell Gray, der neuseeländische Direktor Ihrer Abteilung, mittlerweile Deutsch?

Nein. Ich glaube nicht, und er hat es wohl auch gar nicht erst versucht. Die Leitung eines solchen Instituts ist sehr zeitaufwendig. So hat sich die internationale Spitzenwissenschaft in den letzten dreißig Jahren eben entwickelt.

In Wissenschaft und Wirtschaft wird also längst Englisch gesprochen, ist das der Anfang vom Ende der deutschen Sprache?

Genau weiß das niemand, aber der Trend ist klar. Allerdings gab es in den vergangenen Jahren auch wieder eine rückläufige Entwicklung, keine geschichtliche Entwicklung verläuft unilinear. Abschottungen nehmen wieder zu. Aber selbst in einem Moskauer Forschungsinstitut, mit dem wir regelmäßig in Kontakt stehen, wird weiterhin auf Englisch gearbeitet und publiziert.

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