Umwelt : Gift aus Autoreifen im Salat

Autoreifen verursachen durch Abrieb nicht nur eine Menge Mikroplastik in der Umwelt. Giftige Chemikalien aus Reifen wurden nun auch in Gemüse entdeckt.
Chemische Stoffe aus dem Abrieb von Autoreifen können sich in Blattgemüse wie Spinat oder Kopfsalat anreichern, wie Analysen an der Universität Wien nun zeigen. Die Konzentrationen der Substanzen seien zwar gering, der Nachweis sei aber eindeutig, berichten die Umwelt-Wissenschaftler im Fachmagazin Frontiers in Environmental Science. Die Menge der Chemikalien im Gemüse entspricht etwa der von Medikamentenrückständen in pflanzlichen Nahrungsmitteln.
Untersucht wurde Gemüse aus Schweizer Supermärkten, das in der Schweiz, in Italien und in Spanien gewachsen war, sowie Gemüse aus Israel direkt vom Feld. Die Ergebnisse seien auf Deutschland übertragbar, sagte Thilo Hofmann vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien. Zuvor hatten die Wissenschaftler in Laborversuchen nachgewiesen, dass Gemüsepflanzen Chemikalien aufnehmen, die in der Reifenproduktion eingesetzt werden. Nun wurden zum ersten Mal solche Stoffe in Pflanzen nachgewiesen, die als Lebensmittel im Handel waren.
Mehr als Gummi
Autoreifen bestehen nicht nur aus Gummi, sondern im Herstellungsprozess werden ihnen fünf bis zehn Prozent Substanzen zugesetzt, die die Produktion beschleunigen oder die Reifen beständiger gegenüber Sauerstoff oder UV-Strahlung machen sollen. Beispiele sind der giftige Vulkanisationsbeschleuniger 1,3-Diphenylguanidin oder das Rostschutzmittel Benzotriazol, das als Gefahrstoff eingestuft ist. Die Partikel werden vom Reifen abgerieben und mit dem Regen ins Abwasser oder direkt auf Felder gespült.
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Zum News-QuizDie Zusatzstoffe sind in den Reifen nicht chemisch gebunden, sie können sich also leicht aus dem Reifenpartikeln lösen. Zudem sind die Zusätze zum Teil gut wasserlöslich und in Kläranlagen schwer abbaubar. So kommen die Stoffe aus den Reifen nicht nur mit Klärschlamm, der oft als Dünger dient, auf die Felder, sondern auch mit Wasser. „Dort können sie von Pflanzen aufgenommen werden und so auch den Menschen erreichen“, sagte Hofmann, der Leiter der Forschungsgruppe.
Insgesamt können Autoreifen hunderte Zusatzstoffe enthalten. Die Proben wurden auf sechzehn chemische Verbindungen untersucht, die in der Reifenproduktion eingesetzt werden. Davon fanden die Analysen sechs in mindestens einer der untersuchten Gemüseproben. „Während die Konzentrationen und tägliche Aufnahme zum Glück relativ gering sind, findet man dennoch Stoffe aus Autoreifen in der Nahrung“, sagte Hofmann, und da gehörten sie nicht hin.
Als nächste Schritte sollten nun untersucht werden, was die Stoffe für die Gesundheit bedeuten, wenn Menschen sie mit der Nahrung aufnehmen. Die Studie ist eine Zusammenarbeit der Universität Wien und der Hebrew University of Jerusalem.