Schutz für Banksys Tiere :
Aus Graffiti wird Anti-Graffiti

Ursula Scheer
Ein Kommentar von Ursula Scheer
Lesezeit: 2 Min.
Wird mit Anti-Graffiti-Versiegelung präpariert: Elefantenpaar von Banksy in London
Von wegen Underground: In London soll eines der Zootier-Graffiti von Banksy mit einer Anti-Graffiti-Versiegelung geschützt werden. Das sagt eigentlich schon alles über den Status seiner Kunst.
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Vor ein paar Wochen ließ der bekannteste Graffiti-Künstler der Welt in London die Zootiere frei: Auf einem Rolltor und auf Hauswänden, Jalousien und einer Betonbrücke tauchten unter anderem Schattenrisse von Affen auf, die sich an Lianen durch den Großstadtdschungel schwingen, einem Nashorn, das auf ein geparktes Auto zu klettern scheint, und von zwei Rüsselgrüße austauschenden Elefanten. Das war subersiv, witzig und teilweise auch niedlich, und weil Banksy eine Weltmarke ist, die enorm von Bildern in den sozialen Medien profitiert, schaute alle Welt hin.

Die Aufmerksamkeit darf niemals schwinden, das gehört zum Geschäftsmodell des Briten. Obwohl er heimlich und ohne Genehmigung zu Werke geht, ist er längst keine Untergrundgestalt mehr. Aus dem sozial und politisch engagierten Undercover-Agenten ist ein Populärkünstler mit wirtschaftlicher Macht, gesellschaftlicher Anerkennung und musealem Anspruch geworden. Kritik und Affirmation gehen bei ihm Hand in Hand: Wenn ein Kunstwerk von Banksy sich während einer Auktion schreddert wie das berühmte „Love is in the bin“ und dann, wie 2018 in London geschehen, für 18,6 Millionen Dollar versteigert wird, ist das Anti-Kunst, die die Maschinerie des Kunstmarkts schmiert, statt Sand in sie zu streuen.

Geklaut: Banksys Londoner Wolf auf einer Satellitenschüssel
Geklaut: Banksys Londoner Wolf auf einer Satellitenschüsseldpa

Kein Wunder, dass Banksy-Werke, sobald sie auftauchen, Begehrlichkeiten wecken: Der auf eine Satellitenschüssel gesprühte Wolf der Londoner Zootierserie war binnen Stunden weg. Ein Antikriegsbild von Banksy meißelten vor einiger Zeit in der Ukraine Diebe aus der Wand, und eine von Banksy besprayte Tür des von Terroristen heimgesuchten Bataclan-Theaters in Paris wurde nach ihrem Diebstahl vor Jahren kürzlich in Italien wiedergefunden.

Wird abmontiert und geschützt andernorts ausgestellt: Banksys Nashorn
Wird abmontiert und geschützt andernorts ausgestellt: Banksys Nashorndpa

Entsprechend groß sind nun in London die Bemühungen, die neuen Attraktionen von Banksy in der Kapitale zu schützen. Von „Verunstaltungen“ und „Vandalismus“ ist da die Rede, weil ein anderer anonymer Sprayer ein Dollarzeichen auf Banksys Nashorn sprühte: Graffiti sind eben nicht gleich Graffiti. Flugs ließ die Stadt das Kunstwerk an einen „sicheren Ort“ bringen: Bald soll es im Hof der Guildhall ausgestellt werden, hinter Glas.

Dass einer der Elefanten Banksys von einem Unbekannten mit weißen Streifen verziert wurde, wird gleichfalls nicht als kreatives Palimpsest oder basisdemokratische Aneignung mit Street Credibility gewertet, sondern als Kunstzerstörung: Die Übermalung wird nun sorgfältig entfernt, das Banksy-Bild „restauriert“ wie ein Alter Meister und anschließend mit einer transpranten „Anti-Graffti-Schicht“ versehen. Diese soll das Werk vor weiteren unbefugten Spray-Attacken schützen. Damit ist Banksys Status als Anti-Graffiti-Künstler wohl endgültig besiegelt.

Schön hinter Plexiglas: Banksys Gorilla-Bild am Eingang des Londoner Zoos
Schön hinter Plexiglas: Banksys Gorilla-Bild am Eingang des Londoner ZoosLaif
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