Schlafen im Theater :
Eine Nacht für 1500 Euro

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Stefanie und Christoph Siegmann blicken von ihrem provisorischen Schlafzimmer aus in den Zuschauersaal
Nichts für Schlafmützen: Eine unkonventionelle PR-Aktion am Berliner Ensemble sorgt für Aufregung und provoziert die Gemüter: Ist das eine müde Bühnenschändung oder eine ausgeschlafene Protestperformance?
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Endlich mal ein bisschen Quatschmachen auf der altehrwürdigen Brechtbühne. Als PR-Aktion gegen die Kürzungsanforderungen des Berliner Senats, hat die Leitung des Berliner Ensembles sich eine alternative Einspielmöglichkeit ausgedacht und öffentlichkeitswirksam vermarktet: Sie hat nämlich eine Nacht auf der Bühne des Berliner Ensembles an den Höchstbietenden versteigert.

Ein Liebespaar bietet Geld

Das war in diesem Fall ein Berliner Liebespaar, das 1500 Euro für eine Übernachtung auf der Theaterbühne geboten hat. Die beiden Theaterliebhaber zeigten sich schockiert von den Kürzungen in der Berliner Kultur: Für Berlin sei die Kulturszene wichtig, ohne sie sei das nicht das Berlin, in dem sie leben wollten, so Stefanie und Christoph Siegmann. Als Gegenwert für diese teure Solidaritätsbekundung steht an diesem Abend ein Bett, ein Sofa, eine Minibar und sogar eine Zimmerpflanze auf der ansonsten leeren, großen Bühne vor dem Zuschauersaal im Berliner Ensemble, darüber hängt ein Kronleuchter. Als Bettlektüre liegt neben den Nachttischlampen ein Buch von Bertolt Brecht bereit. Wegen des Brandschutzes muss später der eiserne Vorhang heruntergelassen werden, sollte es kalt werden, stehen Wärmflaschen und Tee bereit.

Was hätte er dazu wohl gesagt? Skulptur von Bertolt Brecht vor dem Berliner Ensemble in Berlin.
Was hätte er dazu wohl gesagt? Skulptur von Bertolt Brecht vor dem Berliner Ensemble in Berlin.Picture Alliance

Frühstück mit dem Intendanten

Neben der Übernachtung auf der Bühne gehören auch der Theaterbesuch am Abend, ein Gute-Nacht-Gedicht von Marie Luise Kaschnitz, vorgetragen von der Schauspielerin Bettina Hoppe, und ein Frühstück in der Kantine des Theaters mit dem Intendanten Oliver Reese zum Übernachtungspaket. Auch eine Führung hinter die Kulisse gibt es noch am Abend, extra Schalter wurden gebastelt, damit die Gäste das Licht sicher abschalten können.

Es handele sich um eine einmalige Aktion, kündigte Reese schon an, gemeint als Reflex darauf, dass die Politik ihnen den Rat geben würde, wirtschaftlicher zu werden. „Wir spielen bereits 600 Vorstellungen im Jahr. Wir haben schon 95 Prozent Platzausnutzung. Wir machen 30 internationale Gastspiele. Viel mehr ist nicht rauszuholen“, so Reese. Es dürfe nicht in Vergessenheit geraten, dass die Kultur von den Kürzungen so viel stärker betroffen sei, als andere Bereiche. Insgesamt muss die Berliner Kultur im Haushalt 2025 rund 130 Millionen Euro einsparen, knapp zwölf Prozent ihres eigentlich angedachten Budgets. Von Kürzungen im Gesamtumfang von drei Milliarden Euro sind auch zahlreiche andere Bereiche in der Stadt betroffen.

Die PR-Aktion hat einerseits gut gelaunte Resonanz, aber andererseits auch Häme und Kritik hervorgerufen. In Theaterzirkeln ist von „Ausverkauf“ und „Entwürdigung“ die Rede. Lustige Protestperformance oder fatale Bühnenschändung - ist das hier die Frage?

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