Gérard Depardieu wehrt sich gegen die Vorwürfe sexueller Übergriffigkeit

Depardieus Verteidigung :
Warum schiebt er Barbara vor?

Ein Kommentar von Lena Bopp

05.10.2023, 18:13Lesezeit: 2 Min.

Nichts als Geisterbeschwörung: Gérard Depardieu, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, kritisiert seine Kritiker.

Gérard Depardieu hatte eine besondere Beziehung zu Barbara, der großen französischen Chansonnière, die 1997 verstarb. Sie beide hätten, sagte er einmal in einem Interview, die gleiche Wildheit, die gleiche „violence“ im Inneren geteilt. „Ich habe wunderbare Jahre mit ihr verbracht.“ Eine Episode aus diesen Jahren ist eine kleine Oper, eine Art musikalisches Märchen namens „Lily passion“, die Depardieu und Barbara auf die Bühne brachten. Und seit einigen Jahren tingelt Depardieu mit Barbaras Liedern allein durchs Land.

Vierzehn ihrer Chansons – von „Dis, quand reviendras-tu?“ bis „Göttingen“ - hat er eingesungen, mit seiner rauchigen, brummigen Stimme; und das klingt gar nicht so schlecht. Mit dem Album ist er auch in diesem Jahr auf Tournee gewesen, in Marseille, Bordeaux, Tours und Toulouse, aber jetzt will er das alles nicht mehr. Er will Barbara seine Stimme nicht mehr leihen, weil er die große Sängerin beleidigt sieht. Ja, sie! Er wähnt Barbara beschmutzt von Demonstranten, die eigentlich gegen ihn selbst protestieren, aber was soll’s, mit feinen Unterschieden hält Gérard Depardieu sich nicht auf.

Grapschende Hände

In einem offenen Brief, der gerade im „Figaro“ erschienen ist, hat er sich zu den Vorwürfen sexueller Übergriffigkeit geäußert, die gegen ihn erhoben worden sind und seinerseits denen Vorwürfe gemacht, die jetzt gegen ihn aufbegehren. Vor knapp zwei Jahren hatte die Schauspielerin Charlotte Arnould ihn wegen Vergewaltigung verklagt. Mehrere weitere Frauen hatten nach einer Recherche von „Médiapart“ im vergangenen Frühjahr außerdem von sexuellen Übergriffen an Filmsets berichtet, von Depardieus grapschenden Händen und anzüglichen Witzen vor aller Augen und Ohren.

Depardieu sieht sich nun als Opfer eines „Medientribunals“ und eins „Lynchmords“. Er schreibt, er tue manchmal Dinge, die andere sich nicht trauten, er lebe intensiv in der Gegenwart. Aber er sei weder ein Vergewaltiger noch ein Raubtier, das nicht. „Zu sehen, wie Extremisten ohne Augenkontakt bei jedem Konzert verleumderische Schilder hochhalten, die Lieder von Barbara, dieser hochgradig feministischen Frau, beschmutzen, beschädigen und schreiend unterbrechen, bedeutet, sie noch einmal zu begraben.“

Und deswegen, also wohl um sie zu schützen, begräbt er jetzt seine Tournee. Dass die allerdings sowieso schon halb tot war, erwähnt er nicht. Erst im Sommer sind zwei seiner Konzerte abgesagt worden – allerdings nicht aus Protest, sondern wegen mangelnden Interesses. Gérard Depardieu alias Barbara möchten offenbar gar nicht mehr so viele Menschen hören. Arme Barbara.

Lena BoppRedakteurin im Feuilleton.