Interview mit Bari Weiss : Thiel am Ziel

Paypal-Oligarch Peter Thiel gehört zu den Symbol- und Hintergrundfiguren der Silicon-Valley-Trump-Allianz. Was ist sein politisches Programm?
In der betonmarxistischen Vorschule lernen die Kleinen: Wirtschaft ist die Basis sozialer Wirklichkeit, Politik wölbt sich als Überbau drüber. Das gilt aber nur, wenn die Basismacht nicht direkt sagen darf, was sie vorhat. In der Zivilisation also. Der Tech-Oligarch Peter Thiel braucht keinen Überbau. Er lässt sich zwar propagandistische Einfälle von Curtis Yarvin flüstern (der drüber nachdenkt, ob die USA im Zweiten Weltkrieg nicht das falsche Bündnis eingegangen sind), aber eigentlich sind ihm die schon zu akademisch. Es geht gröber; Trump soll’s umsetzen (sein Vize Vance ist ein Yarvin-Kumpel).
Thiel will eine technisch beschlagene Elite im neo-ständischen Staat, der als Unternehmen geführt wird. Im Gespräch mit der Publizistin Bari Weiss hat er jetzt erklärt, in Silicon Valley sei es zuletzt schwer gewesen, die jungen Profis effektiv zu führen, die hätten zuviel debattieren wollen, von linkem Unfug verwirrt. Dass dessen Inhalte ihn stören, ist nur sein Köder für Verunsicherte mit Angst vor einer Kulturrevolution. Was ihn wirklich stört, ist, dass es überhaupt Inhalte sind. Thiels Wagniskapital-Technokratismus pfeift auf „Bildung als allseitige Weltneugier“. Mit Verweis auf Unsinn, der an Unis naturgemäß aufkommt und vergeht, weil dort in alle Richtungen gedacht werden soll (wer erinnert sich noch an den Strukturalismus?), erklärt er diese Stätten für überflüssig.
Bildung wird überbewertet
Seit 2010 hat er jungen Leuten viel Geld spendiert, damit sie anstelle eines Studiums eine Firmengründung durchziehen. Einige, die wissen, wie man absahnt und nebenher politisch Besitzklassenziele verfolgt, hat er sich so herangezogen: Den Ethereum-Co-Gründer Vitalik Buterin etwa, oder den Autonome-Fahrzeugtechnik-Händler Austin Russell. Die Unis, vor allem MINT-Fakultäten, werden ihre Gepflogenheiten den Schnellspur-Kaderzucht-Vorgaben der harten Thiel-Vance-Front wohl anzupassen versuchen, wie sie seit Jahrzehnten dem Wahn von der Uni als Expertisefabrik hinterherstolpern. Casting: Es kann nur wenige geben, die zwar keine Bildung mit sich herumtragen, aber trainierte Machtinstinkte anwenden. Selektion.
Der Physiker Erich Runge hat neulich davor gewarnt, dass KI-Unipraxis zu Fach-Truppen im Wissenskrieg führen könnte, die wegen Gewöhnung an maschinelle Zusammenfassungen das entscheidende Detail in einem wissenschaftlichen Artikel nicht mehr finden, kaum das Programmierniveau eines Chatbots erreichen, aber dann auf alle Probleme dieser Welt losgelassen werden, mit dem Selbstbewusstsein Verhetzter, die eine Ideologie verinnerlicht haben. Nur sieht die eben nicht mal mehr aus wie eine Ideologie, wie ein Überbau, sondern nur wie der Fetisch „Man kann alles können, man muss dazu vieles nicht wissen“. Wie weit wird das marschieren wollen? Bis alles in Scherben fällt?