Konrad Paul Liessmann :
Wo, bitte, ist Ihr Mythos?

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„Sternstunde der Philosophie“ auf Sendung: Barbara Bleisch im Gespräch mit Konrad Paul Liessmann

In verschwörungstheoretischen Zeiten geht es ihm um die politische Aktualität von Erkenntnistheorie: Der Philosoph Konrad Paul Liessmann wird siebzig.

Gedanken würden doch nicht besser, wenn sie mit autobiographischen Mitteilungen garniert werden, erklärte Konrad Paul Liessmann, als er gefragt wurde, warum von ihm nicht annähernd so viel Persönliches bekannt sei wie beispielsweise von Richard David Precht, dem es doch ebenfalls um die Vermittlung von Philosophie in der Öffentlichkeit gehe. „Wo ist der Liessmann’sche Mythos? Wollen Sie den nicht ein bisschen pflegen?“, fragte Barbara Bleisch in ihrer Sendung „Sternstunde Philosophie“.

Nun ist Bleisch selber, was die philosophische Substanz angeht, ja auf der Ebene von Liessmann unterwegs statt auf der von Precht, insofern war ihre Frage erkennbar rhetorisch gemeint – und Liessmanns apodiktische Antwort entsprechend nicht als Affront zu verstehen: „Nein, lesen Sie meine Bücher!“.

Ein libidinöses Verhältnis zu seinem Rennrad

Ihn interessiere die anti-biographische Herangehensweise, er möchte das Sachliche vom Persönlichen unterschieden wissen, in der Philosophie wie überhaupt in der Kunst, sagte Liessmann. So sei er der Musik Gustav Mahlers verfallen, aber nicht etwa Mahler-Forscher, weswegen er Biographien des Komponisten nicht lese, und dies bei einem so fulminanten Leben! Barbara Bleisch gab gleichwohl eine persönliche Anekdote über Liessmann zum Besten, wonach er ein libidinöses Verhältnis zu seinem Rennrad unterhalte und prompt gestürzt sei, als er ein einziges Mal mit einem Mountanbike fremdfuhr.

Das sehenswerte Gespräch zwischen den beiden öffentlich Philosophierenden kreist um die Lust an der Fiktion, ein Thema, das Liessmann sowohl als wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech als auch als Publizist in immer neuen Anläufen beschäftigt. Auf mehr als 800 Seiten hatte einst Hans Vaihinger in seiner „Philosophie des Als ob“ die Unerlässlichkeit von Fiktionen fürs Wirklichkeitsverständnis entfaltet. Tatsächlich bedeute schon die Wahl der Kategorien, mit denen Fakten präsentiert werden, eine fiktive Anleihe im Sinne Vaihingers, so Liessmann bei Bleisch.

In seinem neuen Buch „Lauter Lügen“ fragt der emeritierte Wiener Philosophie-Professor: „Heißt das, dass wir die Scheidung zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Fakten und Fiktionen aufgeben sollten und alles zur poetischen Imagination erklären müssen? Mitnichten.“

Es komme darauf an, „unter welchen Bedingungen, in welchen Zusammenhängen, mit welchen Mitteln, mit welchen Hintergedanken“ man sich der Wirklichkeit annähere. Jedenfalls sollte man sich der Begrenztheit und Unzulänglichkeit seiner Mittel bewusst sein: „Niemand kann sagen, was ist – nicht einmal die empirischen Wissenschaften.“

Dem Kenner der Sinnenkonzepte Kierkegaards und Nietzsches gelingt es, in verschwörungstheoretischen Zeiten die politische Aktualität von Erkenntnistheorie aufzuzeigen. Da fesselt einer erwartbar noch lange sein Publikum. Heute wird Konrad Paul Liessmann siebzig Jahre alt.

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Yelisaveta Landenberger
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