Film-Meisterwerk : Schöner schimpfen auf Rumänisch

Ein sozialrealistischer Härtefall: Radu Judes neues Filmmeisterwerk „Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt“ mit Nina Hoss erzählt eine Geschichte aus einem Land, das als Kolonie am Rand von Europa durchzukommen versucht.
Unter allen freien Journalistinnen in Rumänien ist eine junge Frau namens Angela wahrscheinlich die freieste. Das Telefon schaltet sie nie aus, denn es kann jederzeit ein Auftrag hereinkommen, und dann fährt sie wieder los zu einer Familie irgendwo in der Pampa, um dort einen Sozialporno auf den Weg zu bringen. Ab und zu hat Angela auch Sex, das muss dann aber zwischendurch und im Auto erledigt werden. Eine einzige Ablenkung gestattet sie sich: dann legt sie auf Instagram einen Glatzenfilter über ihren kunstblonden Schopf, und in dieser Maske lästert sie so richtig derb ab. Die deutschen Untertitel haben da im Grunde kaum eine Chance, sie geben nur eine Ahnung von dem Slang, den Angela drauf hat. Man könnte also auch ein bisschen Gossen-Rumänisch lernen mit Radu Judes neuem Meisterwerk: „Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt“ heißt der Film, der nun auf dem Streaming-Portal MUBI erscheint. Jude erzählt eine Geschichte aus einem Land, das als Kolonie am südöstlichen Rand von Europa irgendwie durchzukommen versucht. Angela ist das äußerste Glied in einer langen Kette von Abhängigkeiten: Fernsehsender, die Konzernen in Mitteleuropa gehören, schicken übernächtigte Honorarkräfte durch die Gegend und lassen Arbeitsunfälle protokollieren, in denen sich weitere Ausbeutungsverhältnisse zu erkennen geben.