Banksy-Dokumentation im Fernsehen : Drehort ausgekochtes Künstlerhirn
In dem Dokumentarfilm „Exit Through the Gift Shop“ mischt Street-Art-Aktionist Banksy die Kunstwelt auf. Er entlarvt, wie auf dem Kunstmarkt auch mit schrägem Schrott Geld zu machen ist.
Man kann es kaum glauben, aber es gibt ihn wirklich, den Kauz Thierry Guetta. Er hat schon zwei Ausstellungen unter seinem Pseudonym „Mr. Brainwash“ in London eröffnet und dort seine Neonfarben-Trashkunst im sechsstelligen Pfundpreisbereich verkauft. Die Besucher standen Schlange, einmal um das Gebäude herum. Diese unheimliche Erfolgsgeschichte kann nur der Kunstmarkt schreiben, der sich damit selbst wieder einmal parodiert.
Begonnen hat alles 2010, im Kino, mit „Exit Through the Gift Shop“, begeisternd und verwirrend. Niemand wusste: Was ist wahr, und was ist Fake? In dem temporeichen Dokumentarfilm (definitiv einer der besten in den vergangenen Jahren) folgen wir Thierry Guetta, einem bis dahin braven Familienvater mit französischem Akzent, auf seiner Suche nach dem Street-Art-Künstler Banksy. Guetta plant einen Film über den großen Unbekannten, von dem wir nur die Sprayer-Kunst kennen - sie erzielt schon seit einigen Jahren hohe Zuschläge auf Auktionen.
Sind die Menschen wirklich so bescheuert?
Doch nicht Banksy wird zum Objekt des Films, sondern der schräge, überdrehte Thierry Guetta, der Suchende, Unfertige, Naive, Neugierige - kurzum, er ist eine ziemliche Nervensäge. Doch nun ist Banksy der Regisseur - angeblich. Wir folgen Guetta in die Nacht und begleiten ihn bei der Verwandlung zum erfolgreichen Künstler „Mr. Brainwash“. Der Film beschleunigt, je geschickter Guetta agiert und vormacht, wie man mit schrägem Schrott in der Kunstszene Aufmerksamkeit erregt (natürlich tut er stets so, als sei er da ungewollt hineingeraten) und sogar richtig Geld macht.
Doch nehmen wir dem Film das alles ab? Sind die Menschen wirklich so bescheuert? Wer ist dieser Thierry Guetta, der das behaupten darf? Mit dem Wissen um den Epilog in der Realität, die erfolgreiche Ausstellung der Marke „Mr. Brainwash“, liest sich der Film noch einmal anders: Guetta ist das Medium, mit dem sich Banksy einmischt, dem Kunstmarkt zeigt, was er ist - jenseits von illegalen Nacht-und-Nebel-Spray-Aktionen.
Sehnsucht nach dem großen Coup
Die Menschen kommen in Scharen und wollen teilhaben - warum? Das Publikum sehnt sich nach Ereignissen, die zumindest scheinbar in die Geschichte eingehen. Und sie hoffen auf einen ökonomischen Coup, auf steigende Preise, wie man sie bei Banksy in der Anfangszeit erleben durfte. Und Mr. Brainwash beziehungsweise Banksy weiß, wie man die Menge lockt: Die ersten 250 Besucher erhielten in London ein signiertes Poster. Marketing ist alles - auch in der Trash-Kunstszene.
Der Bayerische Rundfunk zeigt jetzt „Exit Through the Gift Shop“ in einer Reihe mit anderen Kunstdokumentarfilmen jeden Dienstagabend, unter anderen über Georg Baselitz und Andreas Gursky. Banksys unverschämter Guerrilladreh reibt sich vorteilhaft am Rest der Reihe und verändert sicherlich die Sicht auf die folgenden Filme.