Unbekannte Flugobjekte :
Besingt, ihr Musen, lieber die Ufos

Edo Reents
Ein Kommentar von Edo Reents
Lesezeit: 2 Min.
Die Debatte um Nenas „99 Luftballons“ ist durch. Aber es gibt eine andere deutschsprachige Sängerin, mit der man die neuen unbekannten Flugobjekte deuten kann.
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So ein Groschen ist kein Sturzflieger, der fällt nicht so schnell. Manchmal fällt er sogar so schnell oder vielmehr so langsam wie ein Ballon, wobei Ballone in der Regel ja gar nicht fallen, sondern sinken, also wirklich sehr langsam fallen.

Wenn wir an dieser Stelle also darauf hinweisen, dass der Groschen in diesem speziellen Fall, auf den wir noch näher zu sprechen kommen, geradezu gesunken ist – Physiker mögen ein Auge zudrücken – und wir neun Tage dazu gebraucht haben, um dem von den Amerikanern ja längst abgeschossenen chinesischen Ballon noch eine kleine kulturgeschichtliche Pointe abzugewinnen, dann sind wir dabei mehr als sonst auf Nachsicht angewiesen. Immerhin sind neun Tage besser als 99. Nach einer solchen Frist dürfte man erst recht nicht mehr damit kommen, da könnte man gleich bis zum nächsten Februar warten: „Heute vor einem Jahr wurde im amerikanischen Luftraum ein chinesischer Ballon gesichtet.“

Kein zweites Pearl Harbor

Das Ding wollte offenbar nach Hawaii und hat sich dann verflogen, ein Flugchaos, mit dem die Lufthansa nichts zu tun hat. Ein zweites Pearl Harbor konnte jedenfalls verhindert werden. Der Ballon und mit ihm alle anderen, die seither gesichtet wurden, waren, so viel lässt sich immerhin sagen, unterwegs „auf ihrem Weg zum Horizont“ (Nena).

Und es ist allen Beobachtern des Luftraums von Herzen zu gönnen, dass sie so geistesgegenwärtig waren, bei erster Gelegenheit die 99 Luftballons ins Feld zu führen, die Gabriele Susanne Kerner unter dem Bandnamen Nena einst mit so unerwartetem Erfolg gewissermaßen hat steigen lassen.

Die deutsche Sängerin warnte schon vor 40 Jahren davor, dass Ballons aus Versehen einen dritten Weltkrieg auslösen könnten – eine, das muss man ganz ehrlich zugeben, schlagende, wenn auch einigermaßen auf der flachen Hand liegende unterhaltungskulturgeschichtliche Nutzanwendung.

Schlechte Verlierer, die wir sind, wollen wir nur zu bedenken geben, dass es sich bei dem bekannten chinesischen Flugobjekt weder um einen „Luftballon“ handelte, noch waren es seiner „99“. Abgeschossen und gerade damit zur Bedingung der Möglichkeit eines Krieges wurden bisher nur vier.

Damit ist aus dem Nena-Diskurs die Luft eigentlich schon raus. Man könnte, um auch weiteren Vorkommnissen, ob nun am nordamerikanischen oder an irgend einem anderen Himmel, etwas abzugewinnen, jetzt auf eine allgemeinere, aber die Debatte länger in Gang haltende Gattung von Flugobjekten ausweichen, und zwar auf die der unbekannten, die „Ufos“. Und dafür wäre dann bis auf weiteres nicht Nena aus Hagen, sondern Nina Hagen zu bemühen: „Die Ufos sind da.“ (1985)

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