Marilyn Manson : Auf der Geisterbahn der Obszönitäten

Gruselschloß, Showtänzerinnen mit Schaumstoffbrüsten, ein SS-Totenkopf mit Mickymaus-Ohren: Marilyn Manson spielte in Frankfurt, und dem Publikum schien der Riesenmumpitz zu gefallen.
Noch ehe das Hallenlicht verloschen war, startete das Konzert in der Frankfurter Festhalle recht unvermittelt mit elektronischen Beats und infernalischen Gitarrenakkorden vom Band, zu denen eine tanzende Frau mit nicht allzu vielen Kleidungsstücken am Leib zu schreien begann: "I don't give a damn 'bout reputation!" Binnen anderthalb Minuten gelang es Peaches mit ihrer Interpretation des Joan-Jett-Titels "Bad Reputation" von 1981, ihr künstlerisches Programm femininer Selbstermächtigung so knapp wie eindrucksvoll zu skizzieren: "I don't give a fuck! I don't give a shit!"
Eigentlich hätte die Kombination also passen müssen. Anderthalb Stunden später eröffnete Marilyn Manson die Show nämlich seinerseits mit dem Song "This is the New Shit". Die Vorliebe für Kraftausdrücke ist beileibe nicht die einzige Parallele zwischen den Tonkünstlern. Beide verweigern sich gängigen Schönheitsidealen, treten als Showfiguren unter Pseudonym auf und nehmen für sich in Anspruch, Geschlechterdefinitionen zu dehnen und zu überschreiten. Zu diesem Zwecke propagieren beide Obszönität und ausgestellte Sexualität als Akte der Befreiung, kokettieren mit randständigen, gewaltnahen Formen der Geschlechtlichkeit und zeigen dies durch eine mittels Kunstblut und Spucken ins Publikum symbolisierte Vorliebe für Körperflüssigkeiten.
Pathetischer Gruftrock