Urteil in letzter Instanz : Mafia-Urteil gegen Stuttgarter Gastwirt rechtskräftig

Mario L. war in der baden-württembergischen Politik gut vernetzt – bis Mafia-Vorwürfe gegen ihn bekannt wurden. Jahre später hat jetzt der italienische Kassationsgerichtshof die Verurteilung des Gastwirts bestätigt.
Im Prozess gegen Mitglieder eines kalabrischen Mafia-Clans hat das höchste italienische Gericht die Verurteilung von Mario L. bestätigt. Der Gastwirt, der über viele Jahre Pizzerien und Restaurants im Raum Stuttgart betrieben hatte, war im Oktober 2019 in Kalabrien unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung verurteilt worden. Als Statthalter des Farao-Marincola-Clans aus der Region Cirò hatte er demnach kalabrischen Gastwirten in Deutschland Wein zu überteuerten Preisen aufgezwungen.
In zweiter Instanz wurde die Haftstrafe später von gut zehn auf acht Jahre und acht Monate reduziert. Dieses Urteil ist nun rechtskräftig, wie aus der Entscheidung des Kassationsgerichtshofs in Rom hervorgeht, die MDR und F.A.Z. vorliegt. Die detaillierte Begründung des letztinstanzlichen Urteils steht noch aus.
Insgesamt wies der Kassationsgerichtshof jetzt die Revision von 46 Angeklagten zurück. Neben etlichen Führungsfiguren des Farao-Marincola-Clans ist unter den Verurteilten auch der Gastwirt und Fischhändler Domenico P. aus Fellbach in Baden-Württemberg. Gegen ihn war eine Gefängnisstrafe von acht Jahren verhängt worden. Das Urteil gegen Francesco B., der in Nordhessen gelebt hatte, hob das Kassationsgericht auf. Das Verfahren gegen ihn wurde an die zweite Instanz zurückverwiesen.
„Clan der Serie A“
Ermittler in Italien und Deutschland hatten im Rahmen der „Operation Stige“ Anfang 2018 insgesamt 169 mutmaßliche Mafiosi und Unterstützer des Farao-Marincola-Clans festgenommen. Der ermittelnde Staatsanwalt Nicola Gratteri sprach damals von einem „Clan der Serie A“. Die Mafiosi hatten in der Region um Cirò bedeutende Wirtschafts- und Handelszweige unter ihre Kontrolle gebracht, darunter die Herstellung und den Vertrieb von Wein, Brot, Fisch und anderen Lebensmitteln, Dienstleistungen in Häfen, Glücksspiel, Wäschereien sowie die Müllentsorgung. Etliche Beschuldigte wurden im Lauf des Verfahrens freigesprochen. Bei einigen dauert der Weg durch die Instanzen noch an, darunter sind auch weitere mutmaßliche Mafiosi aus Nordhessen.
Mario L. war bereits in den Neunzigerjahren ins Visier der deutschen Staatsanwaltschaft geraten. Italienische Ermittler verdächtigten ihn schon damals, ein führendes Mitglied des Farao-Marincola-Clans zu sein und Rauschgift- und Waffentransporte sowie Geldwäsche in deren Auftrag zu organisieren. Großes Aufsehen erregten die Vorwürfe, als bekannt wurde, dass Günther Oettinger, damals CDU-Fraktionsvorsitzender in Baden-Württemberg, Stammkunde in L.s Restaurant war. Die Unionsfraktion engagierte den Italiener auch für Veranstaltungen. Mario L. arbeite „völlig kostenfrei“, sagte Oettinger damals in einem Interview mit dem SWR. Der Gastwirt sei einer seiner „besten Freunde“.
Verurteilt werden konnte Mario L. damals nur wegen Steuerhinterziehung. Oettinger, der später Ministerpräsident und dann EU-Haushaltskommissar wurde, betonte seither, keinen Kontakt mehr zu L. zu pflegen.